Fazit der GNA: „Natur- und Artenschutz ist wichtiger denn je“ / Deutliche Kritik an zunehmender Lebensraumzerstörung

Fazit der GNA: „Natur- und Artenschutz ist wichtiger denn je“ / Deutliche Kritik an zunehmender Lebensraumzerstörung

Main-Kinzig (GNA/sh). „Jährlich nehmen einige Hundert Kinder, Jugendliche und Erwachsene an unseren Umweltbildungsprogrammen teil. So trafen auch uns die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie heftig: Bis auf zwei Veranstaltungen mussten alle Exkursionen, Fortbildungen und Vorträge abgesagt werden, Schulpraktika konnten nicht durchgeführt werden und auch unsere Naturschutzjugend musste lange pausieren“, berichtet die Erste Vorsitzende der seit 2003 im Main-Kinzig-Kreis tätigen Naturschutzorganisation, Susanne Hufmann.

Nichts desto trotz gelang es der GNA, wichtige Natur- und Artenschutzprojekte im Main-Kinzig-Kreis anzustoßen, umzusetzen und schon für das kommende Jahr vorzubereiten, denn: „Trotz vieler gemeinsamer Anstrengungen und guter Projekte, müssen wir feststellen, dass die Artenvielfalt leider immer mehr ins Hintertreffen gerät. Obwohl viele Politiker und Kommunen ihren guten Willen in Sachen Biodiversität bekunden, passiert in der Landschaft um uns herum viel zu oft das Gegenteil“, kritisiert Hufmann.

Deshalb sei es umso wichtiger, den Naturschutz weiter zu stärken und eigene Projekte zu realisieren. Dazu zähle beispielsweise das Feuchtbiotop Bechtoldsahl: Die umfangreichen Arbeiten zur Wiederherstellung dieses sanierungsbedürftigen Trittsteinbiotops in der Gelnhäuser Kinzigaue kamen im Januar 2020 zum Abschluss. Das Biotop hat sich seitdem gut entwickelt. Das in Kooperation mit der Stadt Gelnhausen, dem Landschaftspflegeverband Main-Kinzig und der Natur- und Vogelschutzgruppe Meerholz-Hailer zwischen 2018 und 2020 entstandene Projekt sei ein sehr wichtiger Beitrag zum Erhalt der Biodiversität in der Aue, so Hufmann.

Biotopverbund Gelbbauchunke könnte Wirklichkeit werden

Gemeinsam mit dem Landschaftspflegeverband Main-Kinzig legte die GNA im Februar eine Konzeption zur Vernetzung der Lebensräume in der Kinzigaue mit den noch aktuellen Vorkommen in der „Hardt bei Bernbach“ und der „Sandgrube von Neuses“ vor. „Nun liegt es in der Hand des Regierungspräsidiums Darmstadt, unsere umfangreichen Maßnahmenvorschläge zu realisieren und/oder die dafür erforderlichen finanziellen Mittel bereitzustellen“, erläutert Günter Könitzer, langjähriger Naturschützer und heute im Vorstand der GNA.

Mit dem Bagger im Einsatz für den Laubfrosch

Der vor vielen Jahren von der GNA geschaffene Biotopverbund in den Kinzigauen von Rodenbach bis Gründau ist entscheidend für das Überleben vieler Tierarten, die auf Überschwemmungstümpel und Laichhabitate angewiesen sind. Dazu zählen wiesenbrütende Vogelarten wie Kiebitz und Bekassine ebenso wie seltene Libellen, Teichmolche, Gras- und Grünfrösche, Erdkröten und die gesamte Bandbreite an Wasserorganismen. So versetzte die GNA im September mehr als zehn Flutmulden und Tümpel in Langenselbold und Hasselroth in ihren Ursprungszustand. Diese sehr umfangreiche Pflegeaktion fand in enger Kooperation mit der Gemeinde Hasselroth und der Stadt Langenselbold statt und wurde nur durch eine Förderung der Deutschen Postcode Lotterie ermöglicht.

„Ein Hoch auf uns“,

… und natürlich auf die Umweltlotterie GENAU, die Stadt Langenselbold und all die anderen, die uns bei der Wiederherstellung von Eisvogel-Brutwänden an der Kinzig unterstützten.“ freut sich die diplomierte Biologin Hufmann. Wie man heute an Kotspuren unterhalb der Höhleneingänge erkennen kann, wurden etliche der 2019 freigestellten Steilwände angenommen. An mehr als 10 Standorten hatte das Einsatzteam der GNA die Böschungskanten erst mit einem Spaten abgestochen, bevor ein Kleinbagger die Wände begradigte. Im März unterstützten die Artenschützer das Forstamt Wolfgang bei der Herstellung neuer Brutwände im Naturschutzgebiet „Kinzigauen von Langenselbold“.

Biodiversität im Vogelsberg

Zwei Wochen lang wurde das Brachttaler „Fußloch“ im November in seiner Ruhe gestört. Um das etwa 20 ha große Areal ökologisch aufzuwerten, gab die GNA in Kooperation mit der Gemeinde Brachttal den Startschuss für die Entwicklung dieses „halboffenen Landlebensraumes“. Dazu wurden große Steinriegel und -wälle freigestellt und wertvolle Feuchtwiesen vom Gehölzaufwuchs befreit. Im nächsten Jahr werden die Lesesteinriegel weiter „saniert“, denn sie sind überlebenswichtige Strukturen für viele wärmeliebende Tier- und Pflanzenarten. Die Hohlräume zwischen den Steinen dienen oft als Versteck oder frostsichere Winterquartiere. Tagsüber werden sie als Sonnenplätze genutzt. Komplettiert wird das Angebot an Schlange, Eidechse, Frosch, Kröte & Co. durch etliche Totholzhaufen.

Vom Arteninventar überrascht

Im Auftrag der GNA kartierten Ende April Experten vom Landesverband für Höhlen- und Karstforschung Hessen e.V. insgesamt 43 Quellaustritte im südlichen Teil des Fußloch. Schwerpunkt der Untersuchungen war die faunistische Besiedelung, die Aussagen über den Zustand eines jeden Quellbiotops zulässt. Daneben misst man zahlreiche physikalische Parameter. Insgesamt wurden 139 Artengruppen unterschieden, wobei noch zahlreiche Endbestimmungen durch Fachleute ausstehen. Neben dem bis zu 1,5 cm großem Alpenstrudelwurm entdeckten die Kartierer Höhlenflohkrebse und die Larve der Vierkant-Quellköcherfliege; allesamt Spezialisten und an den Lebensraum Quelle in besonderer Weise angepasst. Eine weitere Besonderheit stellt der Fund der endemischen Rhön-Quellschnecke dar, weil sie nur im Dreiländereck Hessen, Thüringen und Bayern vorkommt. Im nördlichen Teil vermutet die GNA weitere 50 Quellaustritte. Deshalb sind weitere Untersuchungen jetzt schon für das kommende Frühjahr in der Planung.

Die Todesgefahr durch den Straßenverkehr bannen

Um dem Fischotter die Wiederbesiedlung der Kinzig zu erleichtern, ist die Reduzierung der Gefahren durch den Straßenverkehr von entscheidender Bedeutung. Dazu erfassten Mitarbeiter der GNA inzwischen alle Quer- und Brückenbauwerke zwischen Wächtersbach und Hanau und beurteilten ihre Passierbarkeit. Zusätzlich kartierten sie im Oktober mit dem Kajak Lebensraumstrukturen wie Kiesbänke, Schilfsäume und Einmündungen der Nebengewässer sowie, insofern vorhanden, Fischotterspuren (Trittsiegel, Kot und Otterausstiege). Das von der Heinz Sielmann Stiftung unterstützte Projekt wird 2021 erfolgreich beendet und die erarbeiteten Maßnahmenempfehlungen der Straßen- und Verkehrsverwaltung übergeben werden.

Biber – „Ureinwohner“ der Auen

Eine neue Schautafel lädt Besucher*innen der Feuchtwiesen von Aufenau ein, sich ausführlich über Lebensweise und Biologie des Bibers sowie seine außergewöhnlichen Fähigkeiten als „Wasserbauingenieur“ und „Landschaftsgestalter“ zu informieren. Die Tafel entstand in Zusammenarbeit mit dem NABU Wächtersbach.

Flächenfraß & Landschaftszerschneidung

„Obwohl der Naturschutz in den vergangenen Jahren viele Anstrengungen unternommen hat, um Gelbbauchunke, Kiebitz & Co. zu retten, sind die tatsächlichen Zahlen in einem verheerenden Abwärtstrend.“, berichtet Hufmann, die weiter feststellt: „Es ist einfach nicht mehr genug, überall dort, wo es noch geht, kleinräumig Biotope zu schaffen, zu pflegen und langfristig zu betreuen, wenn großflächig ganze Lebensräume durch menschliche Aktivitäten beeinträchtigt werden und letztlich verschwinden. Gewerbe- und Neubaugebiete expandieren auf der grünen Wiese in nie dagewesenem Tempo, verbrauchen Land und zerstören die Lebensräume heimischer Tier- und Pflanzenarten, die bereits auf dem Rückzug sind. Der Ausbau von Straßen und neuerdings vermehrt auch von land- und forstwirtschaftlichen Wegen zerschneidet die Natur um uns herum. Und eine immer intensivere Landwirtschaft gibt dem Grünland und Wiesen in den Flussauen den Rest.“

Spenden für die Natur

Deshalb setzt sich die GNA mit ihren haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen auch in Zukunft für die Natur vor unserer Haustür ein, um seltenen wie bedrohten Arten wieder eine Chance zu geben. Zur Unterstützung wichtiger Natur- und Artenschutzprojekte ist die gemeinnützige Organisation auf Spenden angewiesen. Das Spendenkonto der GNA bei der Raiffeisenbank Rodenbach lautet: IBAN DE 75 5066 3699 0001 0708 00. Die GNA ist berechtigt, Spendenbescheinigungen zwecks Vorlage beim Finanzamt auszustellen. Wenn dies gewünscht wird, sollte die Adresse bei der Spendenüberweisung mitgeteilt werden.

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