Ampel-Check: Verkehrspolitik weiterhin nur „ausreichend“

Ampel-Check: Verkehrspolitik weiterhin nur „ausreichend“

Schiene, E-Auto und Fahrrad: Umfangreiche To-do-Liste bis zur Bundestagswahl 2025.

Hanau / Main-Kinzig / Wetterau (ACE/ah). „Rund ein Jahr vor der Bundestagswahl sind zahlreiche verkehrspolitische Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag noch nicht umgesetzt“. Zu diesem Ergebnis kommen laut Anton Hofmann, dem ACE-Pressesprecher im Kreis Main-Kinzig und Wetterau, die Allianz pro Schiene, Allgemeiner Deutscher Fahrradclub (ADFC) und ACE Auto Club Europa bei ihrem zweiten Ampel-Check Verkehrspolitik. Seit dem vergangenen Sommer sei die Ampel nur langsam vorangekommen mit der Umsetzung ihres Koalitionsvertrages. In Schulnoten ausgedrückt, stellen die Verbände der Bundesregierung statt einer glatten Note vier wie im vergangenen Jahr nun eine „vier plus“ aus („ausreichend“). Mit Blick auf die Bundestagswahl im September 2025 fordert das Bündnis von der Ampel einen ehrgeizigen verkehrspolitischen Endspurt.

Während die kürzlich verabschiedete Novelle des Bundesschienenwegeausbaugesetzes und auch des Straßenverkehrsgesetzes spürbare Fortschritte beinhalten, sieht es mit der Umsetzung der Vision Zero im Straßenverkehr und beim Hochlauf der Elektromobilität eher düster aus. Insgesamt bleibt viel zu tun, um die verkehrspolitischen Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen (der Link zu den ausführlichen Ergebnissen und Bewertungen des Ampel-Checks).

Zu Schiene und ÖPNV

Die Umsetzung der im Koalitionsvertrag versprochenen Maßnahmen für den Schienenverkehr in Deutschland bewerten die drei Verbände insgesamt mit der Note drei. Positiv schneiden vor allem das Deutschlandticket, die massiv aufgestockten Schieneninvestitionen sowie die veränderte Einnahmenverteilung der Lkw-Maut ab, von der die Verkehrswende profitiert. Schlecht steht es um die Erweiterung des Streckennetzes und die Elektrifizierung der Schiene – in beiden Fällen geht es kaum voran (zweimal Note fünf).

„Auf der Habenseite steht, dass die Bundesregierung wie versprochen eine Beschleunigungskommission Schiene eingesetzt hat, die bereits Ende 2022 konkrete Empfehlungen für schnelleren Fortschritt auf der Schiene vorgelegt hat. Bislang wurde allerdings nur ein kleiner Teil des Gesamtpakets umgesetzt“, kritisiert der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege. „Wir warten weiterhin auf das schon lange angekündigte Moderne-Schiene-Gesetz, das wesentliche Vorschläge der Kommission umsetzen soll. Damit könnte dann unter anderem auch die schleppende Elektrifizierung beschleunigt werden.“ Ähnlich sehe es bei dem zentralen Vorhaben der Ampel aus, die Eisenbahninfrastruktur zukünftig am Gemeinwohl auszurichten. Flege: „Das Versprechen einer neuen gemeinwohlorientierten Infrastruktursparte der Deutschen Bahn wurde mit der Gründung der DB InfraGO AG bisher nur organisatorisch eingelöst. Es fehlt allerdings noch die zugehörige Leitstrategie des Bundes mit konkreten Zielvorgaben für die neue Infrastrukturgesellschaft. Hier muss die Ampel in der verbleibenden Zeit Klarheit und Verbindlichkeit schaffen, sonst bleibt diese wichtige Reform unvollendet.“

Zum Radverkehr

Beim Thema Radverkehr bekommt die Ampel-Regierung von den Verbänden wie schon im vergangenen Jahr die Gesamtnote vier. „Beim Radverkehr tritt die Bundesregierung weitestgehend auf der Stelle“, sagt Caroline Lodemann, Bundesgeschäftsführerin beim Fahrradclub ADFC. Zwar sei es gelungen, eine Novelle des zuvor zu stark auf Autoverkehr ausgerichteten Straßenverkehrsgesetzes zu verabschieden und den Bau von Radwegen zu erleichtern. Insgesamt fehle jedoch ein klares Bekenntnis zur Vision Zero wie es im Koalitionsvertrag versprochen wurde. „Die Zahl der im Straßenverkehr getöteten Radfahrerinnen und Radfahrer ist zwischen 2010 und 2023 um 17 Prozent gestiegen; ähnlich ist die Entwicklung bei den Fußgängern. Hier wünschen wir uns Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit in den Kommunen. Bislang haben wir noch immer einen Flickenteppich.“

Der Radverkehr in Deutschland müsse endlich attraktiver und sicherer werden. „Dazu brauchen wir ein verbindliches Konzept, wie der Nationale Radverkehrsplan bis 2030 umgesetzt und wie er finanziert werden soll“, fordert Lodemann.

Zu E-Autos

Auch was den Ausbau der Infrastruktur für E-Autos angeht, schneidet die Koalition in der Bewertung der drei Verbände schlecht ab: unverändert mit der Note vier. „Mit dem Masterplan Ladeinfrastruktur hat die Bundesregierung zwar eine gute Grundlage geschaffen, um das Laden von E-Autos im ganzen Land zu erleichtern“, sagt ACE-Vorsitzender Stefan Heimlich. „Waren vor einem Jahr lediglich 19 der 68 Maßnahmen vollständig umgesetzt, sind wir inzwischen bei 33 umgesetzten Maßnahmen. Das ist in jedem Fall ein Fortschritt.“

Doch während sich die Zahl der Ladestationen immerhin befriedigend entwickelt (Verbesserung auf Teilnote drei), steht die Bundesregierung bei der Dekarbonisierung des Verkehrs noch ganz am Anfang (Note fünf). Stefan Heimlich sieht den Hochlauf der E-Mobilität gefährdet: „Vom Versprechen im Koalitionsvertrag, Deutschland zum Leitmarkt für Elektromobilität zu machen, sind wir immer noch meilenweit entfernt. Von dem Ziel, bis 2030 in Deutschland 15 Millionen vollelektrische Pkw auf die Straße zu bringen, sind gerade einmal zehn Prozent erfüllt. Um diese Zielmarke noch annähernd zu erreichen, muss die Bundesregierung jetzt dringend Maßnahmen ergreifen: Es braucht unter anderem Klarheit über den Ausbau der Ladeinfrastruktur und eine Reform der Dienstwagenbesteuerung.“

Bündnis fordert verkehrspolitischen Endspurt

Die Ampel-Koalition sollte nach Ansicht der Verbände das letzte Jahr der Legislaturperiode nutzen, um die noch offenen Punkte der eigenen verkehrspolitischen Agenda entschlossen anzugehen; die angespannte Haushaltslage darf dabei kein Hindernis sein. Im Koalitionsvertrag hat sich die Regierung ausdrücklich vorgenommen, zusätzliche Haushaltsspielräume zu gewinnen, indem umwelt- und klimaschädliche Subventionen abgebaut werden.

Dirk Flege im Namen des Bündnisses: „Hier ist die Koalition bislang größtenteils untätig geblieben. Dabei ist das Potenzial gerade im Verkehr enorm. Mit einem Einstieg in den Abbau umwelt- und klimaschädlicher Subventionen würden zusätzliche Investitionen in die Mobilität von morgen ermöglicht. Das wäre eine Win-Win-Situation: Nicht nur der Haushalt profitiert, sondern auch Klima und Verkehrswende.“

Weitere Informationen:

Zum Bild: Archivfotos ACE

Über den ACE Auto Club Europa:

Klare Orientierung, sichere Hilfe, zuverlässige Lösungen: Der ACE Auto Club Europa ist seit 1965 als starke Gemeinschaft für alle modernen mobilen Menschen da, egal mit welchem Verkehrsmittel sie unterwegs sind. Als Mobilitätsbegleiter hilft der ACE international, unbürokratisch und unabhängig. Kernthemen sind die Unfall- und Pannenhilfe, Verkehrssicherheit, Verbraucherschutz, Elektromobilität und neue Mobilitätsformen. 

Über den Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club:

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) ist mit über 230.000 Mitgliedern die größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland und weltweit. Er berät in allen Fragen rund ums Fahrrad: Recht, Technik und Tourismus. Politisch engagiert sich der ADFC auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für die konsequente Förderung des Radverkehrs.

Über die Allianz pro Schiene:

Die Allianz pro Schiene ist eine gemeinnützige Interessenorganisation zur Förderung und Verbesserung des Schienenverkehrs. Der Zusammenschluss aus Zivilgesellschaft und Bahnbranche vereint mehr als 200 Unternehmen und Verbände mit insgesamt mehr als 3 Millionen Einzelmitgliedern. In Deutschlands unkonventionellstem Verkehrsbündnis sind Umweltverbände und Verkehrsunternehmen organisiert, Gewerkschaften und Finanzdienstleister, Hochschulen und Fahrzeughersteller sowie Verbraucherschutzorganisationen. Die Allianz pro Schiene wurde im Jahr 2000 gegründet und hat ihren Sitz in Berlin.

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