„Die Rechten werden mutiger“

„Die Rechten werden mutiger“

Leserbrief von Christian Klaas über ein Erlebnis auf einer Faschingssitzung im Vogelsberg.

Brachttal / Main-Kinzig (red). In einem Leserbrief äußert sich Christian Klaas über ein Erlebnis, welches er im Verlauf einer Faschingssitzung hatte. Nachfolgend der Leserbrief im ungekürzten Wortlaut:

„Die Rechten werden mutiger. Es ist Samstagabend, Faschingssitzung eines ortsansässigen Karnevalvereins. Kurz nach 20 Uhr läßt sich eine Gruppe 16 – bis 20-jähriger aus Nachbarorten am Nachbartisch nieder. Sie sind zur Kostümsitzung nicht verkleidet, tragen statt dessen alle schwarze Kleidung. Einer sticht mit seinem T-Shirt der Band „Kategorie C“ raus, einer rechtsextremen Rockband. Wenig später zieht er einen Kapuzenpulli über: „Brotherhood Thor Steinar“. Diese Marke wird von Rechtsextremen getragen, das Kürzel des Herstellers ist in zwei Runen dargestellt. Das T, die Rune für Krieger, wird mit dem S, der Rune für Kraft, gekreuzt. Die S-Rune sollte den meisten Menschen aus dem Abzeichen der SS bekannt sein.

„Erstmals in 40 Jahren habe ich ein ungutes Gefühl beim Dorffasching und nehme mir vor, diese Jungs im Auge zu behalten. Irgendwann läuft die Playback-Show, die Darsteller auf der Bühne präsentieren zum Sitzungsmotto passend das Lied Mexiko. Im Text des Liedes wünschen wir uns, „im Land der Kakteen, werden wir wieder Weltmeister sein“, den Sieg der WM 1986. Viele im Saal feiern die Darbietung und singen lautstark mit.

Und dann ist da diese eine Stimme am Nebentisch. In die kurze Pause zwischen den Zeilen ruft sie ein „Sieg Heil“. Nicht so kühn und laut, dass es der ganze Saal hören kann, aber laut genug dafür, dass es alle Begleiter und auch wir am Nebentisch gehört haben. Zunächst bin ich kurz fassungslos. Habe ich das wirklich hier und jetzt gehört? Am 79. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Ausschwitz? Nicht auf einem Treffen von Hardcore-Nazis, sondern auf einer normalen dörflichen Karnevalsfeier?

Ich spreche denjenigen an, der die Kleidung eines Rechtsradikalen trägt. Er ist offensichtlich erstaunt, dass jemand ihn direkt anspricht, streitet ab, dass er es gewesen sei. Ein anderer aus der Gruppe fragt, was ich eigentlich will? Keiner will jetzt ein aufrechter Deutscher sein, dabei singen sie doch gerne und oft, dass sie „lieber aufrecht sterben, als kniend leben“.

Den Rest des Abends können wir nicht mehr wirklich genießen, die Jungs am Nebentisch bedürfen schließlich einer steten Beobachtung. Glücklicherweise verlassen sie kurz nach dem Ende der Veranstaltung den Saal, es kommt zu keinen weiteren Entgleisungen.

Das Beispiel zeigt, dass die Rechten mutiger werden und scheinbar mittlerweile davon ausgehen, dass ihre Äußerungen unkommentiert bleiben. In meiner Wahrnehmung macht es deutlich, wie wichtig es ist, der erstarkenden Rechten zu zeigen, dass die Demokraten in der Überzahl sind und gemeinsam eine deutliche Grenze ziehen.

Wir müssen dafür nicht gut finden, was die Regierung in Berlin macht. Wir müssen nicht mit allen Entscheidungen in Politik und Justiz einverstanden sein. Wir können unterschiedliche Einstellungen zu den verschiedensten Themen haben.

Aber in einem müssen wir zusammen stehen: kein Meter breit für Nazis. Das fängt in der Ablehnung einer Partei ab, die zwar nicht verboten ist, aber mit eindeutig rechtsextremen Protagonisten der neuen Rechten den Weg ebnet.

Es sind AfD-Politiker wie Höcke, Weidel, Chrupalla und Co., die mit ihren Worten, ihren Handlungen und ihrer Politik den alten und den neuen rechten Sprüchen Tür und Tor öffnen. #Niewiederistjetzt“Erstmals in 40 Jahren habe ich ein ungutes Gefühl beim Dorffasching und nehme mir vor, diese Jungs im Auge zu behalten. Irgendwann läuft die Playback-Show, die Darsteller auf der Bühne präsentieren zum Sitzungsmotto passend das Lied Mexiko. Im Text des Liedes wünschen wir uns, „im Land der Kakteen, werden wir wieder Weltmeister sein“, den Sieg der WM 1986. Viele im Saal feiern die Darbietung und singen lautstark mit.

Und dann ist da diese eine Stimme am Nebentisch. In die kurze Pause zwischen den Zeilen ruft sie ein „Sieg Heil“. Nicht so kühn und laut, dass es der ganze Saal hören kann, aber laut genug dafür, dass es alle Begleiter und auch wir am Nebentisch gehört haben. Zunächst bin ich kurz fassungslos. Habe ich das wirklich hier und jetzt gehört? Am 79. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Ausschwitz? Nicht auf einem Treffen von Hardcore-Nazis, sondern auf einer normalen dörflichen Karnevalsfeier?

Ich spreche denjenigen an, der die Kleidung eines Rechtsradikalen trägt. Er ist offensichtlich erstaunt, dass jemand ihn direkt anspricht, streitet ab, dass er es gewesen sei. Ein anderer aus der Gruppe fragt, was ich eigentlich will? Keiner will jetzt ein aufrechter Deutscher sein, dabei singen sie doch gerne und oft, dass sie „lieber aufrecht sterben, als kniend leben“.

Den Rest des Abends können wir nicht mehr wirklich genießen, die Jungs am Nebentisch bedürfen schließlich einer steten Beobachtung. Glücklicherweise verlassen sie kurz nach dem Ende der Veranstaltung den Saal, es kommt zu keinen weiteren Entgleisungen.

Das Beispiel zeigt, dass die Rechten mutiger werden und scheinbar mittlerweile davon ausgehen, dass ihre Äußerungen unkommentiert bleiben. In meiner Wahrnehmung macht es deutlich, wie wichtig es ist, der erstarkenden Rechten zu zeigen, dass die Demokraten in der Überzahl sind und gemeinsam eine deutliche Grenze ziehen.

Wir müssen dafür nicht gut finden, was die Regierung in Berlin macht. Wir müssen nicht mit allen Entscheidungen in Politik und Justiz einverstanden sein. Wir können unterschiedliche Einstellungen zu den verschiedensten Themen haben.

Aber in einem müssen wir zusammen stehen: kein Meter breit für Nazis. Das fängt in der Ablehnung einer Partei ab, die zwar nicht verboten ist, aber mit eindeutig rechtsextremen Protagonisten der neuen Rechten den Weg ebnet.

Es sind AfD-Politiker wie Höcke, Weidel, Chrupalla und Co., die mit ihren Worten, ihren Handlungen und ihrer Politik den alten und den neuen rechten Sprüchen Tür und Tor öffnen. #Niewiederistjetzt“

Hinweis der Redaktion: Leserbriefe geben die Meinung der jeweiligen Verfasser / Autoren wider. Die Redaktion behält sich vor, Leserbeiträge zu kürzen oder nicht zu publizieren, sofern dafür aus unterschiedlichen Gründen ein berechtigter Anlass besteht. Anonym oder mit falschem Namen eingesandte Leserbriefe werden prinzipiell nicht veröffentlicht.

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