Wie gewinnt und hält man pädagogische Fachkräfte?

Wie gewinnt und hält man pädagogische Fachkräfte?

Teil VII von VII der Serie rund um den Beruf Erzieher*in: Starke Träger, gute Kitas, zufriedene Eltern.

Main-Kinzig (MKK/jkm). Im Main-Kinzig-Kreis istKita nicht gleich Kita – und das im positiven Sinne. Es gibt 210 Kindertagesstätten; laut statistischem Landesamt sind darunter 128 in kommunaler, 40 in konfessioneller und 35 in freier Trägerschaft. Manche Einrichtungen haben nur eine oder zwei Gruppen, manche acht oder mehr. Es gibt Waldkindergärten, Bewegungs- und Sprachkitas, offene Konzepte, konfessionelle Einrichtungen oder solche, die ihren Schwerpunkt auf Inklusion legen. Die große Vielfalt bietet pädagogischem Fachpersonal beste Möglichkeiten, sich genau die Kita auszuwählen, die zur eigenen Lebenssituation und zu den eigenen Interessen passt. Doch was unternehmen die Kita-Träger, um Fachkräfte zu gewinnen und vor allem zu halten?

Was tun Kita-Träger, um pädagogische Fachkräfte zu gewinnen und zu halten?

Die Stadt Schlüchtern, kommunale Trägerin von sechs Kitas, ist Anfang 2023 einen ungewöhnlichen Weg gegangen, um Personal zu rekrutieren. Gemeinsam mit zwei örtlichen Agenturen wurde eine Imagekampagne entwickelt, die Social Media, Zeitungs- und Bannerwerbung, Plakate und Flyer umfasste, berichtet Kerstin Baier-Hildebrand, Abteilungsleiterin Familien, Freizeit und Tourismus der Stadt Schlüchtern. „Wir haben Filme für das Internet mit Themen aller unserer Kitas produziert, die richtig viral gegangen sind“, sagt sie. Die Kampagne sei in der Öffentlichkeit sehr positiv aufgenommen worden. „Sie hat die Wahrnehmung für den Erzieher*innenberuf geschärft.“ Eine Bewerbung sei auf Facebook und Instagram niederschwellig möglich gewesen – mit einem „Interessiert mich“-Klick und einigen wenigen persönlichen Informationen.

„Wir haben möglichst mit jedem Bewerber, jeder Bewerberin telefoniert oder kommunizierten per E-Mail – selbst wenn sie fachfremd waren“, schildert die Abteilungsleiterin. All jene, die als zukünftige Kita-Fachkräfte in Frage kamen, wurden gebeten, eine Bewerbung mit Anschreiben und Lebenslauf zu schicken. „Das Ganze war wirklich viel Arbeit, aber es hat sich gelohnt“, resümiert Kerstin Baier-Hildebrand. Unter den etwa 25 Interessenbekundungen waren 15 pädagogische Fachkräfte. Ein zusätzlicher Effekt der Kampagne: Weitere Interessierte haben sich auf dem herkömmlichen Weg beworben.

Solche Wege geht die Evangelische Kirchengemeinde Erlensee, Trägerin zweier Kitas in Rückingen beziehungsweise Langendiebach, nicht. „Wer sich für eine Tätigkeit in einer Kita in kirchlicher Trägerschaft entscheidet, tut dies ganz bewusst“, sagt Miriam Zver, Leiterin der Evangelischen Tagesstätte für Kinder in Rückingen. Im Team mit fünf Kolleginnen und einem Kollegen betreut sie von sieben bis 15 Uhr insgesamt 41 Kinder im Alter von zwei bis sechs Jahren. Gemeinsam mit Pfarrerin Claudia Herchenröther schildert sie, was die Kirchengemeinde macht, um Erzieherinnen und Erzieher zu halten. „Die meisten Beschäftigten sind schon lange bei uns. Nur wenn persönliche Gründe es notwendig machen, geben sie ihre Stelle auf, wollen aber in jedem Fall wieder in einer kirchlichen Einrichtung arbeiten“, sagt Miriam Zver. Christliche Werte, Gemeinschaft und Moralvorstellungen seien für Kita-Träger und Beschäftigte essenziell.

„Das macht es uns leichter als anderen Trägern, passende Mitarbeitende zu finden“, ergänzt Claudia Herchenröther. „Kirche – und damit auch wir – sehen Menschen nicht als Funktion, sondern in ihrem Menschsein. Wir wollen einen Wertekatalog vermitteln und wir wollen, dass unsere Mitarbeitenden zufrieden sind.“ Diese seien schließlich Botschafterinnen und Botschafter der Kita in der Öffentlichkeit. Fort- und Weiterbildungen – und damit fachliche wie persönliche Entwicklung – werden möglich gemacht, etwa über die Langzeitfortbildung Religionspädagogik. „Auch greifen wir Ideen aus dem Erzieherinnenkreis auf und setzen sie um. Darauf geht die Marte Meo-Zertifizierung der Kita in Langendiebach zurück. Das ist eine videobasierte Methode der Sprachbildung“, so die Pfarrerin. Grundsätzlich könne jeder und jede sagen, wenn er oder sie sich überfordert fühle. Gemeinsam würden Lösungen gefunden. „Wir fangen die Person auf“, bekräftigt Miriam Zver.

Die BWMK gGmbH (Behinderten-Werk Main-Kinzig) ist der größte freie Kita-Träger im Main-Kinzig-Kreis. Betreut werden Kinder ab 12 Monaten bis zum Schuleintritt. In den Kindertagesstätten „Zauberwald“ in Maintal, „Regenbogenland“ in Linsengericht-Altenhaßlau und „Sternenfänger“ in Schlüchtern stehen insgesamt 268 Plätze zur Verfügung. Die Kinder sollen dort Selbstvertrauen erwerben, den Alltag mitbestimmen sowie bestärkt werden, ihren eigenen Weg zu finden. Personalleiterin Cornelia Winter erläutert: „Wir wollen in unseren Kitas Orientierung bieten, Kultur vermitteln.“ Deshalb seien Rituale und Regelmäßigkeit wichtig. Erzieherinnen und Erzieher aber auch Eltern, die Kinder in die Obhut der BWMK-Kitas geben, würden diese Verlässlichkeit wertschätzen. „Unsere Grundwerte lassen sich mit den Begriffen Inklusion, Integration, Partizipation und Offenheit fassen. Im BWMK können Mitarbeitende viel ausprobieren und sich an Projekten beteiligen. Dazu gehört auch eine offene Feedback-Kultur: Wir lernen aus Fehlern und freuen uns über Erfolge“, so die Personalleiterin.

Für Eltern, die im BWMK arbeiten, gibt es ein besonderes Angebot, das mittlerweile gut genutzt wird: Sie können ihr Kind mitbringen, wenn dessen Kita geschlossen ist. „Wir brauchen zwar etwas Vorlauf, aber machen es möglich“, sagt Cornelia Winter. Tobias Wolf, beim BWMK zuständig für Ausbildung, Studium und Freiwilliges Soziales Jahr, erläutert mit Fokus auf seinen Arbeitsbereich: „Um Interessierte anzusprechen, nutzen wir Facebook und Instagram, informieren in Schulen und auf Ausbildungsmessen über das BWMK.“ Für alle Angestellten gebe es Benefits wie Fitness- und Gesundheitsangebote. Austausch unter den Mitarbeitenden sei nicht nur erwünscht, sondern werde gefördert, etwa beim BWMK-Frühstück oder in Netzwerktreffen. „In der BWMK-Gruppe absolvieren jährlich 20 bis 25 Menschen ein FSJ“, so Tobias Wolf. „Viele von ihnen finden anschließend ihren Weg in unser Arbeitsfeld.“

Grundsätzlich seien die Zugangswege in den Erzieherinnenberuf sehr individuell, ergänzt Stefanie Eckhardt, beim BWMK zuständig für den Kita-Verbund „Steps“. Als Betreiber mehrerer Kitas verfüge das BWMK über den Vorteil, dass Auszubildende nicht an einen Standort gebunden seien: „Zieht jemand während der Ausbildung um, können wir flexibel reagieren und einen Wechsel ermöglichen“, so Eckhardt. Auszubildende werden zudem über die gesamten drei Jahre von einem Coach begleitet, der oder die die Ausbildung beim BWMK absolviert hat. Findet ein interner Wechsel in eine andere Kita statt, bleibt dieser Coach weiterhin Ansprechperson. Auch der Austausch und die Vernetzung unter den Auszubildenden wird durch Treffen und gemeinsame Aktivitäten gefördert. Vielfältige Hospitationsmöglichkeiten bieten zudem die Chance, auch andere Arbeitsgebiete in der BWMK-Gruppe kennenzulernen.

Die Fachschule für Sozialwesen an den Beruflichen Schulen des Main-Kinzig-Kreises in Gelnhausen beziehungsweise die Fachschule für Sozialwesen an der Eugen-Kaiser-Schule in Hanau bietet die Ausbildung zur Erzieherin beziehungsweise zum Erzieher an. Informationen rund um das Thema gibt es hier: https://bs-gelnhausen.de/bildungsangebot/fachschule-fuer-sozialwesen/. Im Podcast „MKK ganz nah“, Folge 17: „Erzieher*in – Ein Beruf mit Zukunft“ berichten zwei angehende Erzieherinnen und ein Erzieher über ihren Werdegang: https://www.youtube.com/watch?v=yqvN1PQAg8s.

Wer Interesse an einem Praktikum in einer Kita im Main-Kinzig-Kreis hat, findet auf der Seite „Mit Kind und Kegel“ des Main-Kinzig-Kreises die entsprechenden Adressen: https://www.mitkindundkegel.de/cms/de/kinderbetreuung/index_22.html.

Auf Bundesebene ist die Kindertagesbetreuung im Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII) geregelt. Dort ist unter anderem festgeschrieben, dass für Kinder, die das erste Lebensjahr vollendet haben, ein Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung in einer Kindertageseinrichtung oder in der Kindertagespflege besteht. Mit dem vollendeten dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt haben Kinder einen Rechtsanspruch, in einer Tagesbetreuungseinrichtung gefördert zu werden. Für sie sollen Kommunen ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen vorhalten. Das Land Hessen regelt nach dem Hessischen Kinder- und Jugendhilfegesetzbuch (HKJGB) die Landesförderung für Kindertageseinrichtungen in den Kommunen und unterstützt diese, unter anderem über das KiTa-Qualitätsgesetz. Das Jugendamt des Main-Kinzig-Kreises führt die Fachaufsicht über die Kindertagesbetreuungseinrichtungen, als Fachberatung unterstützt es kommunale, freie und kirchliche Träger, Leitungen sowie pädagogische Fachkräfte bei ihren Aufgaben. Gemeinsam mit dem Land regelt und fördert der Landkreis die Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher. Die Städte und Gemeinden wiederum sind für Bau und Unterhalt der Gebäude sowie das Personal zuständig.

Zum Bild: Aktivitäten im Freien bieten die Kitas aller Träger im Main-Kinzig-Kreis an.

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