Netzwerktagung: „Sie gestalten die Zukunft“

Netzwerktagung: „Sie gestalten die Zukunft“


Main-Kinzig-Kreis veranstaltete „Berufsberatung in Zeiten von Fachkräftemangel und Arbeitsweltwandel“.

Main-Kinzig (MKK/fw). „In den nächsten Jahren werden im Main-Kinzig-Kreis Tausende von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Ruhestand gehen. Das ist eine Herausforderung, die wir als Kreis annehmen, und eine Entwicklung, die wir aktiv begleiten müssen“, sagte Kreisbeigeordneter Winfried Ottmann bei der Eröffnung der Netzwerktagung „Berufsberatung in Zeiten von Fachkräftemangel und Arbeitsweltwandel“ in der Klosterberghalle in Langenselbold. Zu der Veranstaltung hatte die Stadt Langenselbold gemeinsam mit dem Jugendamt des Main-Kinzig-Kreises eingeladen.

Für Ottmann, der als Jugend-, Schul- und Wirtschaftsdezernent zu den Anwesenden sprach, sind die zu erwartenden Veränderungen ein wesentlicher Grund, sich „über die neuesten Trends und Herausforderungen in diesem Bereich austauschen.“ Es müsse sichergestellt sein, dass die Ansätze der Berufsberatung stets relevant und zukunftsfähig bleiben. Langenselbolds Bürgermeister Timo Greuel betonte, eine zentrale Aufgabe der nächsten Jahre sei, junge Menschen bei der Wahl der Bildungswege zu unterstützen: „Jugendliche haben oftmals Orientierungsprobleme auf dem Weg von der Schule in den Beruf. Das hat durch Corona sogar zugenommen. Beratung und Unterstützung wird immer wichtig. Beides kann nicht von den einzelnen Akteurinnen und Akteurinnen im Alleingang gestemmt werden. Kontakte in andere beratende Strukturen hinein sind deshalb notwendig und werden von uns durch diese Tagung gefördert.“

An der Veranstaltung nahmen etwa 70 Vertreterinnen und Vertreter des Staatlichen Schulamts, der Schulsozialarbeit und der Kommunen sowie Lehrerinnen, Lehrer und weitere Fachkräfte aus anderen Bereichen der Bildung, Ausbildung und Jugendhilfe teil. Winfried Ottmann berichtete dem Fachpublikum, dass der Main-Kinzig-Kreis vom Hessischen Ministerium für Arbeit, Integration, Jugend und Soziales für ein Reallabor ausgewählt worden sei: Gemeinsam mit dem Ministerium und dem Institut für Wirtschaft Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe Universität in Frankfurt wolle der Kreis herausfinden, wie sich Wirtschaft und Arbeitsmarktsituation im Kreis in den nächsten Jahren entwickeln werden. „Wir haben fehlende Arbeitskräfte als das größte Problem für den Wirtschaftsstandort erkannt. Deshalb kommt der Berufsberatung eine besondere Bedeutung zu, nicht nur was den Einstieg in das Berufsleben angeht, sondern auch in Bezug auf Fort- und Weiterbildungen.“

Von der Tagung erhoffe er sich Impulse, aber auch die Chance, Kooperationen zwischen Bildungseinrichtungen, Unternehmen, Jugendarbeit, Jugendhilfe, Agentur für Arbeit, Kommunalem Center für Arbeit, Schulen und dem Behindertenwerk des Main-Kinzig-Kreises auszubauen: „Nur durch gemeinsame Anstrengung können wir sicherstellen, dass alle ihr volles berufliches Potenzial entfalten und einen erfolgreichen Weg in unserer Gesellschaft gehen.“

Dr. Christa Larsen, Leiterin des Instituts für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität sprach in ihrem Vortrag über aktuelle und zukünftige Arbeits- und Fachkräfteengpässe im Kreis. Die demografische Entwicklung sei ein Hauptfaktor dafür, dass es in Zukunft schwieriger werde, Arbeitskräfte zu finden, so die Forscherin und ergänzte: „In den kommenden 30 Jahren gehen die Babyboomer und die Generation X in Rente, doch es folgen zu wenige Arbeitskräfte nach.“ Im Main-Kinzig-Kreis würden bis 2028 etwa 40.000 Arbeitskräfte gebraucht; diesem Bedarf stünden etwa 28.000 Menschen gegenüber, die in das Berufsleben eintreten. „So etwas ist noch nie dagewesen – und doch muss auf die Entwicklung reagiert werden. Es ist deshalb notwendig, neue strategische Felder für die Fach- und Arbeitskräfte zu erschließen“, so die Leiterin des IWAK.

Im Handwerk und in der Pflege gebe es derzeit in Hessen den größten Mangel an Arbeitskräften. Im Main-Kinzig-Kreis seien Zukunftsberufe wie Elektro- und Energietechnik oder Gebäudeversorgungstechnik besonders betroffen. In Erziehungs- und Pflegeberufen würden zukünftig noch mehr Fachkräfte gebraucht, um Frauen eine Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. An die Teilnehmenden der Fachtagung gewandt sagte Dr. Christa Larsen: „Sie sind die Gestalterinnen und Gestalter der Zukunft.“ Die Berufsberatung könne junge Menschen nicht nur die Vielfalt der Optionen in der Arbeitswelt aufzeigen, sondern auch vermitteln, wie flexibel viele kleinere und mittlere Betriebe bei der Nachwuchsförderung agieren. „Oftmals wird Flexibilität vor allem in den Großunternehmen vermutet. Doch sowohl die öffentliche Verwaltung als auch mittelständische Unternehmen eröffnen individuelle Karriereoptionen für Fach- und Arbeitskräfte. Der Main-Kinzig-Kreis hat hier viel zu bieten.“ Es seien in der Arbeitswelt zukünftig neue Wege und neues Denken gefragt. „Digitalisierung bietet zum Beispiel die Chance, den Bedarf an Fachkräften zu reduzieren, indem Prozesse digitalisiert werden“, erklärte sie. Dringend erforderlich sei zudem zu verhindern, dass Fach- und Arbeitskräfte aus dem Kreis abwandern. Sie sprach sich dafür aus, Duale Studiengänge mit ihrer Verknüpfung von Hochschul- und Praxisphasen auszubauen.

Anschließend präsentierten Christine Paetzel und Susanne Goy von der Gesellschaft für Wirtschaftskunde e.V. in ihrem Vortrag praktische Lösungsansätze und Erfolgsgeschichten aus der beruflichen Praxis. Angelique Kosian, Behindertenwerk Main-Kinzig, brachte Impulse aus dem BWMK ein, die der Förderung von Menschen mit Beeinträchtigungen dienen. Sonja Nachtmann, Agentur für Arbeit – Hanau, präsentiere das Angebot der Agentur für Arbeit im Main-Kinzig-Kreis.

Zum Bild: Kreisbeigeordneter Winfried Ottmann begrüßte gemeinsam mit Langenselbolds Bürgermeister Timo Greuel Referentinnen und Gäste der Tagung.

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