„Rückkehr des Wolfes … ist eine Herausforderung“

„Rückkehr des Wolfes … ist eine Herausforderung“

VG Kassel stoppt Wolfabschuss in Hessen und stärkt nach Ansicht der Naturschutzinitiative (NI) den Artenschutz.

Hessen (NI/gn). Das Verwaltungsgericht Kassel hat den Abschuss zweier Wölfe in der Rhön aufgrund der Klage der Naturschutzinitiative e.V. (NI) gestoppt. Die Abschussgenehmigung sei derzeit als rechtswidrig eingestuft worden, teilte die Naturschutzinitiative (NI) mit. Hiernach überwiege nach dem Beschluss des Gerichtes das Interesse der Öffentlichkeit am Artenschutz zugunsten der Wölfe. Denn es sei nicht sicher oder gar nachgewiesen, dass die beiden Wölfe aus der Rhön ihr Jagdverhalten inzwischen derart geändert hätten, dass sie ausreichend funktionierende Elektrozäune überwinden würden.

Zu dem Beschluss des VG Kassel vom 8. 11. 2023 erklärte Gabriele Neumann, Projektleitern Großkarnivoren der NI:

Wir begrüßen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes. Es macht deutlich, dass die Schäfer ihre Tiere fach- und sachgerecht schützen müssen, was hier nicht der Fall war. Die Position der Naturschutzinitiative e.V. (NI) zum Thema Wolf und Wolfsmanagement orientiert sich an der FFH-Richtlinie, der Berner Konvention und dem Bundesnaturschutzgesetz und berücksichtigt damit internationale und europäische rechtliche Verpflichtungen.

„Das Regierungspräsidium Kassel hatte sich für seine Prognose über das zukünftige Rissverhalten der beiden Wölfe aus der Rhön auf zwei bisher erfolgte Tierrisse in Hessen sowie auf mehrere Tierrisse in Bayern gestützt. Dabei hatte das Regierungspräsidium bereits beim Erlass der Ausnahmegenehmigung gewusst, dass ein hinreichender Schafsherdenschutz in der hessischen Rhön eben nicht besteht. Es konnte in nur einem Schafsrissfall (vom 6. 10. 2023) ein hinreichender Herdenschutz sicher nachgewiesen werden. In dem anderen Rissfall (vom 9. 10. 2023) hingegen war dies nicht der Fall.“

Schutz der Schafherden zweifelhaft

Neumann weiter: „Schließlich durfte sich das Regierungspräsidium nicht auf die in Bayern erfolgten Tierrisse berufen. Denn die Frage, ob in der bayerischen Rhön ein hinreichender Schafsherdenschutz praktiziert wird, ist alles andere als eindeutig zu beantworten. Die bayerischen Schäfer haben den Schutz ihrer Tiere lediglich behauptet. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes Kassel ist es folglich nicht auszuschließen, dass die beiden Wölfe aus der Rhön „lediglich eine leichte Gelegenheit zum Beutemachen ausgenutzt“ haben. Darüber hinaus fehlt für den Abschuss von irgendwelchen zwei Wölfen die Gesetzesgrundlage. Ein Abschuss irgendwelcher Wölfe sei nur zulässig, wenn es sich bei den abzuschießenden Tieren um ein Wolfsrudel handelt. Hier aber gehe es bloß um ein Wolfspaar, also um zwei statt mehr Tiere. 

Schlussfolgerung: Die Schäfer in der Rhön müssen ihre Schafe mit Elektrozäunen schützen. Daran fehlt es heute noch. Erst wenn die Schäfer ihre Tiere schützen, kann festgestellt werden, ob Wölfe ihr Jagdverhalten geändert haben und nunmehr verstärkt Weidetiere statt Wildtiere jagen. Bis dies der Fall sein wird, dürften noch Jahre vergehen.“

Rückkehr des Wolfes in unsere Kulturlandschaft ist eine Herausforderung

„Wir wissen, dass die Rückkehr des Wolfes in unsere Kulturlandschaft eine Herausforderung darstellt. Gerade in den Gebieten, in denen sich neue Wolfsterritorien etablieren, kommt es erfahrungsgemäß zu vermehrten Übergriffen auf Nutztiere. Meist gehen die Schäden zurück, wenn sich die Weidetierhalter auf die Anwesenheit des Wolfes eingestellt haben und mit ihm umgehen können. Und zudem: Die Jagd auf Wölfe vermeidet keine Schäden bei Nutztieren.

„Wir müssen uns als Menschen wieder daran gewöhnen, auch mit größeren Tieren zu leben wie in vielen Ländern der Erde und auf den heimischen Weiden Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, wie es früher üblich war. Denn die Natur gehört nicht uns, wir sollten wieder neu lernen, mit der Natur und nicht gegen sie zu leben“, so Gabriele Neumann.

Foto: Ingo Kühl/NI, Wolfsfähe mit Wolfswelpen (Canis lupus)

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