„Wichtig, dass Europa vor Ort ein Gesicht hat“

„Wichtig, dass Europa vor Ort ein Gesicht hat“

Landtagskandidat Rainer Schreiber lud Europaabgeordnete Maria Noichl zu einer Erkundung des Jossgrunds ein.

Jossgrund (WRS/as). Maria Noichel ist Mitglied des Europäischen Parlaments und dort schwerpunktmäßig im Agrarausschuss und dem Ausschuss für die Gleichstellung der Geschlechter tätig. Sie kam im August nach Jossgrund, der Kommune, der Schreiber 18 Jahre lang als Bürgermeister vorgestanden hatte, um sich dort über erfolgreich vorangetriebene Projekte zu informieren, die in die Fläche getragen werden können. Auf der Besuchsliste standen die Unterkunft für geflüchtete Menschen aus der Ukraine in Pfaffenhausen, das Familienzentrum in Oberndorf und das Bioenergiedorf Burgjoß.

Vor der der Unterkunft für geflüchtete Menschen in Pfaffenhausen wurde Maria Noichl herzlich von Rainer Schreiber und Bürgermeister Victor Röder begrüßt. Die Europaabgeordnete befand sich gerade auf Tour durch Deutschland, um über Berlin wieder nach Brüssel zurückzukehren. Dabei ließ sie es sich nicht nehmen, Schreibers Einladung Folge zu leisten. Die beiden SPD-Mitglieder hatten sich in Berlin auf der Grünen Woche kennen gelernt, wo Schreiber auf dem Zukunftsforum ländlicher Raum an der Abschlusspodiumsdiskussion mit der Staatssekretärin Silvia Bender teilgenommen hatte.

Gemeinsam mit haupt- und ehrenamtlich Tätigen informierte Victor Röder, mit Unterstützung seines Amtsvorgängers Schreiber, bei Kaffee und Kuchen über die Maßnahmen, die zu Unterbringung und Integration der ukrainischen Geflüchteten getroffen worden sind. Carina Seuffert berichtete, wie sich ihr Engagement von Betroffenheit über die Notlage der ukrainischen Menschen zum konkreten Helfen und schließlich zum Organisieren und Gestalten gewandelt habe. Hauptsächlich habe sie sich um die Kinder gekümmert und den Familien aktiv gezeigt, wie und wo man vor Ort im Jossgrund Freizeit verbringen könne. Mittlerweile seien die meisten Kinder in den Vereinen, aber auch in den Kitas und der Schule gut integriert.

„Viele Ukrainerinnen haben sich sehr gut auf dem Arbeitsmarkt integriert“

Noichl bedankte sich über die Einblicke und gab einen kurzen Rundumriss über die rechtliche Situation der ukrainischen Menschen, die vor den Folgen des Krieges in ihrer Heimat geflohen seien. Der temporäre Schutzstatus laufe im März 2024 aus. Wie es weiter gehe, sei noch nicht klar, vor allem weil sich viele Ukrainerinnen sehr gut auf dem Arbeitsmarkt integriert hätten. Bürgermeister Röder, der selbst seit Jahren ehrenamtlich für Geflüchtete tätig ist, war begeistert von diesem nicht alltäglichen Einblick: „Ich begrüße, dass Du da bist. Es ist wichtig, dass Europa vor Ort ein Gesicht hat. Dass alle wissen, dass sind normale Menschen, mit denen man reden kann.“

Zum Abschluss fragte Noichl die Hauptverantwortlichen für Integration im Jossgrund, was sie sich wünschen würden, wenn sie ihnen als gute Fee erschiene. Carina Schneider wünschte sich, dass bürokratische Prozesse vereinfacht und beschleunigt würden und Wohnraum, Wohnraum und noch mehr Wohnraum. Carina Seuffert äußerte, dass es nicht einfach umzusetzen sei, was von oben verordnet würde. Z.B. die Kinder in der Kita anzumelden, wenn es einfach keine freien Plätze mehr gebe.

In der Bücherei mit Rainer Schreiber

Aufs Stichwort wurde der Besuch nun im Familienzentrum mit angegliederter Kita fortgesetzt. Rainer Schreiber erzählte von der Geschichte des Hauses als kirchlicher Kindergarten, dem Kauf durch die Gemeinde und den Umbau, der das denkmalgeschützte Haus in seiner Fassade erhalten habe. Der Kindergarten sei nun größer, heller und einladender. Im Untergeschoss ist die Bücherei Oberndorf untergebracht. Hier kümmern sich ein halbes Dutzend Ehrenamtliche um die Ausleihe, die Bücherbestellungen und die Datenpflege. Rund um das Jahr veranstaltet die Bücherei verschiedene Aktionen, u.a. auch mit den Kindergartenkindern, um ihnen früh den Zugang zu Büchern zu ermöglichen. Maria Noichl zeigte sich beeindruckt von dem vielfältigen ehrenamtlichen Einsatz und betonte: „Eine Bücherei ist ja zu vergleichen mit einer Pfandflasche. Das ist eigentlich der ökologischste Umgang mit Büchern.“ Dann versprach sie, drei Bücher aus ihrer eigenen Sammlung an die Bücherei zu senden. Natürlich alle über das Thema Europa.

Das Familienzentrum verfügt über einige Räumlichkeiten, die für eine Mehrfachnutzung konzipiert wurden. Da ist zum einen der Bewegungsrau, der vom Kindergarten und verschiedenen Kursen genutzt werden kann. Zum anderen findet sich dort die Gut Stuwe, die ein vielfältiges Programm rund um Generationenbegegnungen geschaffen hat. Außerdem fungiert sie seit neustem auch als Trauzimmer. In der intimen Atmosphäre des behaglichen Raums fühlte sich die Europaabgeordnete gleich wohl. „Mir imponiert, dass die Räumlichkeiten nicht überdimensioniert sind., pflichtete sie Katja Röder bei, die als Vertreterin des Gut Stuwe Teams durch diese Kulturerhaltungsstätte führte, die zum Beispiel auch Jung und Alt beim Stricken zusammenführe. „Da werden die älteren Frauen oft gefragt, wie machst du denn die Ferse“, erzählte Röder. Neben erhaltenswerten Kulturpraktiken ist auch die Moderne hier eingezogen: Leinwand und Beamer sind ebenso vorhanden wie ein Fahrstuhl.

Stolz führte Rainer Schreiber die Europapolitikerin nun in das Herz des Familienzentrums. Seit einigen Jahren leistet sich die kleine Gemeinde eine eigene Sozialarbeiterin. Sie sei ansprechbar bei allen möglichen Problemen, denen es natürlich auch in Jossgrund vielfältige gebe. Noichl zeigte sich begeistert: „Da seid ihr ja eine Vorzeigekommune in vielen Dingen. Sowas ist für eine Landkommune sehr selten.“ Sie bekräftigte aus ihrer Erfahrung, dass Menschen in Notlagen oft Frauen seien und dass diese dann eine verlässliche und verschwiegene Hilfe nötig hätten. Rainer Schreiber habe in seiner Gemeinde das Nützliche mit dem Schönen zu verbinden gewusst, darauf könne er ruhig stolz sein. Die gute Fee Noichl fragte nun auch Katja Röder nach ihren Wünschen. „Ich bin sehr zufrieden, wie es ist. Es ist alles da: Arzt, Apotheke, Lebensmittel. Und wir haben alle Vorzüge vom Landleben.“ Das gefiel Maria Noichl sichtlich. „Wir müssen einfach mehr sagen: ‚Hey, ich bin zufrieden.‘ Dann hat rechts nicht so einen Zulauf.“

Heizen / Schreiber und Noichl im Bio-Energiedorf
Text und Bilder: Wahlkampfteam Rainer Schreiber, Text: Athena Schreiber

Die letzte Station auf ihrer Jossgrundreise führte Schreiber und Noichl zum Bioenergiedorf Burgjoß. Hier erwartete sie schon Klaus Kleespies, der Vorstandsvorsitzende der Genossenschaft. Bereits seit 2005 bestehe die Bioenergiegenossenschaft und habe einen langen Weg gehen müssen, bis die Pläne zum Heizhaus endlich realisiert werden konnten. Schreiber, der seit Beginn Aufsichtsratssvorsitzender des Bioenergiedorfs ist, sprach von viereinhalb Jahren Vorlaufzeit, komplizierten Genehmigungsverfahren und verschleppter Zusage zum Zuschuss des Landes Hessen. Die eigentliche Bauzeit habe schließlich nur sechs Monate in Anspruch genommen und sei durch viel Eigenleistung entstanden. Kleespies sei die eigentliche Triebfeder hinter der Idee und der Gewinnung von Gleichgesinnten gewesen. Schreiber: „Klaus ist ein Multiplikator, er hat mit so vielen Menschen gesprochen und sie überzeugt.“ Scherzhaft fügte er hinzu: „Wer auf seinem Friseurstuhl saß, der wurde überredet.“ So kam es, dass anfangs 77 und schließlich 146 Häuser an die Hackschnitzelheizung angeschlossen wurden und das lange vor der Energiekrise.

Die Genossinnen und Genossen seien natürlich ein Risiko gegangen, hätten jedoch viel Vertrauen in die Idee gesteckt. Und das zahle sich heute aus: Momentan seien die Heizkostenpreise viel niedriger als im deutschen Durchschnitt. Maria Noichl war sichtlich über Kleespies‘ Ausführungen beeindruckt. „Ich sehe das respektvoll. Sie sind einen Weg gegangen, der noch nicht ausgetreten war – mit der Machete in der Hand. Sie können echt stolz sein. Toll, dass so viele von Anfang an mitgegangen sind.“ Dann begann Noichl, als leidenschaftliches Mitglied des europäischen Agrarausschusses ein fachliches Gespräch über die Nutzung von Landschaftspflege- und Käferholz. Schreiber erklärte, dass hier genau dieses Holz und privater Schnitt genützt würde und das ausschließlich aus der Umgebung.

Die Abgeordnete begrüßte das und erklärte, die EU erarbeite Richtlinien zur Kaskadennutzung von Holz. Demnach solle kein Primärholz, d.h. Stammholz verfeuert werden. Die Verbrennung erfolge erst, wenn dieses Primärholz seinen Weg durch, z.B. die Möbelindustrie und die Wohnzimmer gegangen sei. Daher stelle man auch die Holzbehandlung mit giftigen Farben und Lacken in Frage. So behandeltes Holz sei thermisch nicht mehr verwertbar. Zum Abschluss der angeregten Unterhaltung schlüpfte die europäische Politikerin wieder in ihre Rolle als Wunschfee. Klaus Kleespies wünschte sich umgehend, dass das Energieeffizienzgesetz geändert würde. Die Fernablese sei für Städte sinnvoll, für kleine Genossenschaften wie das Bioenergiedorf jedoch viel zu umständlich.

Rainer Schreiber bedankte sich herzlich bei Maria Noichl für ihren Besuch, von dem sie viele gute Beispiele und einige Wünsche mit nach Brüssel nehmen könne. Die Europaabgeordnete aus Bayern wünschte Schreiber viel Erfolg beim Wahlkampf. Er habe als Bürgermeister schon viel bewirkt und solle die Chance nutzen, sein Fachwissen und sein anpackendes Wesen nun in die Landespolitik einzubringen.

Text und Bilder: Wahlkampfteam Rainer Schreiber, Text: Athena Schreiber

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