„Festgehalten, was war“

„Festgehalten, was war“

Landrat Thorsten Stolz eröffnet Foto-Ausstellung zu Coca-Cola Somborn

Gelnhausen / Freigericht / Main-Kinzig (MKK/fw). „Mit Ausstellungen wie dieser zu Coca-Cola Somborn erreichen wir sehr viele Bürgerinnen und Bürger. Im Main-Kinzig-Forum wollen wir die Gelegenheit eröffnen, sich mit den verschiedensten Aspekten regionaler Kunst und Kultur, Geschichte und regionalen Zusammenlebens auseinanderzusetzen. Unser Ziel ist auch, die Identifikation der Menschen mit ihrer Heimat zu fördern“, sagte Landrat Thorsten Stolz bei der Eröffnung der Fotoausstellung „Coca-Cola Somborn. Ende einer Ära und letzte Spuren auf dem Firmenareal in Freigericht-Somborn“.

In Kooperation mit dem Verein „Kaleidoskop Freigericht e. V. Kunst und Kultur“ präsentiert der Main-Kinzig-Kreis bis zum 28. April im Foyer der Kreisverwaltung Arbeiten der Fotografin Britta Schäfer-Clarke (Birstein) sowie den beiden Fotografen Berthold Rosenberg (Freigericht) und Walter Schätz (Klein-Ostheim). Die drei sind im August und September 2022 mit ihren Fotokameras auf Entdeckungsreise auf dem ehemaligen Coca-Cola Betriebsgelände in Somborn gegangen. Sie haben in dem „Lost Place“ jene Spuren dokumentiert, die in den leeren Hallen, Büros, Aufenthaltsräumen und Fluren noch zu finden sind. Entstanden ist eine Momentaufnahme somborner Lokalgeschichte. Als „Lost places“ werden von Menschen aufgegebene Orte wie die einstige Coca-Cola-Produktionsstätte in Somborn bezeichnet. Sie sind dem Verfall preisgegeben. Das Dach ist undicht, von den Wänden blättert Putz. Die Natur erobert den Raum zurück. Im Inneren finden sich Gegenstände, die an die Glanzzeit der Gebäude erinnern. Sie erzählen Geschichten des Gewesenen, nun Verlorenen. Das macht sie zu Zeugen der Vergangenheit, die eine ebenso geheimnisvolle wie wehmütige Aura umgibt.

Drei Themenkomplexe werden in der Ausstellung umrissen: Kunst und Kultur, Heimat und Regionalität sowie Aufbruch und Zukunft“, so der Landrat in seiner Begrüßung. Der Verein Kaleidoskop Freigericht habe wieder einmal unter Beweis gestellt, wie breit er in Sachen Kunst und Kultur aufgestellt sei. Gemeinsam mit ihren Mitstreiterinnen und Mitstreitern habe Vereinsvorsitzende Anita Pappert-Tichy den drei Kunstschaffenden einen Rundgang durch die leerstehenden Fabrikhallen ermöglicht – und damit einen fotografisch-künstlerischen Blick auf eine untergegangene Lebens- und Arbeitswelt. „Was dabei herausgekommen ist, halte ich für ausgesprochen gelungen“, so der Thorsten Stolz. Anschließend ging er auf die Geschichte des Unternehmens ein.

Die Ursprünge der Firma gehen auf das Jahr 1919 zurück. Karl Gutmann gründete damals die Freigerichter Getränkefabrik – eine Mineralwasserfabrik, um genau zu sein“, führte er aus. Im Dezember 1934 erhielt das Unternehmen die Zulassung, Coca-Cola abzufüllen. Mehr als 80 Jahre prägte das Kultgetränk die Gemeinde, prägten die rot-weißen Coca-Cola-Laster das Bild des Ortes. In der Hochphase beschäftigte das Unternehmen 100 Mitarbeitende und war damit ein wichtiger Arbeitgeber in der Region. Regelmäßig fand auf dem Gelände ein Treffen der Freigerichter Vereine statt, um die übers Jahr geplanten Termine miteinander abzustimmen. „Es gab wohl über lange Zeit in Freigericht kein Fest, kein Treffen ohne Coca-Cola“, so der Landrat. Bis 2016 war auf dem Gelände in der Josefstraße die Betriebsamkeit zu Hause. Mit dem Aus des Coca-Cola-Standorts verloren Menschen ihre Arbeitsplätze, die Gemeinde Steuereinnahmen und die Somborner wohl auch einen emotionalen Identifikationspunkt. „Mittlerweile ist der weitläufige Gebäudekomplex abrissreif. Die Gemeinde hatte den Mut, das Gelände zu erwerben und wird es entwickeln. Damit entsteht aus dem Alten etwas Neues, das Aufbruch bedeutet und in die Zukunft weist. Der Kreis schließt sich“, sagte Stolz. „Die Fotografin und die beiden Fotografen haben festgehalten, was war. Sie dokumentieren für die Nachwelt und haben mit ihren Fotos und dem ebenfalls in der Ausstellung gezeigten Video einen Kontrast zur Zukunft geschaffen.“

Grußworte sprachen Anita Pappert-Tichy, Vorsitzende des Vereins Kaleidoskop Freigericht, und Heinrich Höfler, Erster Beigeordneter der Gemeinde Freigericht. Letztgenannter unterstrich, wie stolz die Freigerichter Bürgerinnen und Bürger auf Coca-Cola gewesen seien. „Viele von ihnen werden deshalb die Gelegenheit nutzen, sich die Ausstellung anzuschauen und dieses Stück Ortsgeschichte zu erleben.“ Anita Pappert-Tichy ließ den Prozess von Berthold Rosenbergs Idee, die Fabrik zu fotografieren, bis zur Vernissage Revue passieren. Wie zuvor bereits der Landrat, dankte auch sie allen Beteiligten für deren großes Engagement. Danach führte Anne Hundshausen im Dialog mit den drei Kunstschaffenden in die Ausstellung ein.

Die Arbeiten von Britta Schäfer-Clarke, Berthold Rosenberg und Walter Schätz sind bis zum 28. April im Main-Kinzig-Forum in Gelnhausen zu sehen: montags bis mittwochs von 8 bis 16 Uhr, donnerstags von 8 bis 18 Uhr und freitags von 8 bis 14 Uhr. Die Foto-Kunstschaffenden sind am 27. April von 16 bis 18 Uhr vor Ort, um mit Interessierten ins Gespräch zu kommen.

Zum Bild: Landrat Thorsten Stolz (Zweiter von links) eröffnete die Ausstellung „Coca-Cola Somborn. Ende einer Ära und letzte Spuren auf dem Firmenareal in Freigericht-Somborn“ gemeinsam mit Anita Pappert-Tichy, Vorsitzende des Vereins „Kaleidoskop Freigericht e. V. Kunst und Kultur“, Berthold Rosenberg, Britta Schäfer-Clarke, Walter Schätz, Anne Hundshausen und Heinrich Höfler, Erster Beigeordneter der Gemeinde Freigericht. (v.l.)

Share