Angespannte Lage in Iwano-Frankiwsk – Caritas will Nothilfe sicherstellen

Angespannte Lage in Iwano-Frankiwsk – Caritas will Nothilfe sicherstellen

Fulda, Iwano-Frankiwsk (cif). Die Ukraine beherrscht derzeit einen Großteil der Negativ-Schlagzeilen in den Medien: Nicht nur die Corona-Pandemie erschwert den Menschen dort im Osten Europas den Alltag. Viele in der Öffentlichkeit – hier wie dort – sorgen sich wegen des massiven Aufmarsches von russischen Soldaten rund um das osteuropäische Land, das mit seiner Westgrenze an die EU-Staaten Polen, Slowakei, Ungarn und Rumänien heranreicht.

Über die aktuelle Situation tauschten sich die Caritasdirektoren der Schwester-Verbände in Fulda und Iwano-Frankiwsk aus

Auch die Caritas in Fulda nimmt die Nachrichten sorgenvoll auf, denn in Iwano-Frankiwsk in der Westukraine ist ihr Schwester-Caritasverband beheimatet, mit dem man seit 2009 gemeinsam in Projekten am Ausbau der dortigen Angebote für Menschen mit Behinderung arbeitet. Eines der Projekte, das zur Errichtung von Selbsthilfestrukturen für Menschen mit Handicap und ihre Familien dient, wird sogar von der Aktion Mensch gefördert. „Wir halten gerade angesichts der derzeitigen Krise selbstverständlich an dieser Zusammenarbeit fest, die Arbeit zum Wohle der Bedürftigen muss ja weitergehen“, betonte in einem Statement der Fuldaer Diözesan-Caritasdirektor Dr. Markus Juch. „Aber natürlich wollen wir auch erfahren, wie es den Caritas-Mitarbeitenden augenblicklich angesichts der angespannten Situation überhaupt geht!“

Kurzerhand wurde zwischen den Caritas-Leitungen dieses Wissens-Update in einem Chat ermöglicht. So interessierte sich der Fuldaer Caritasdirektor Juch zunächst dafür, wie sich die augenblickliche Bedrohungslage von den Außengrenzen auf den Alltag der Menschen allgemein und auf die Caritas-Arbeit in Iwano-Frankiwsk im Besonderen auswirkt. Dazu teilte Juchs ukrainischer Amtskollege Caritasdirektor Volodymyr Chornij mit, dass in der gesamten Bevölkerung natürlich eine große Anspannung spürbar sei. Ob es tatsächlich zu einer militärischen Invasion komme, sei natürlich völlig ungewiss, jedoch halte die Caritas in Iwano-Frankiwsk und auch anderswo im Lande es für sinnvoll, vorsorglich Maßnahmen zum Schutze der Bevölkerung und zur Absicherung der Arbeit von humanitären Organisationen im Falle militärischer Aktivitäten einzuleiten.

Caritas Fulda betont bestehende Partnerschaft

Obwohl wir quasi seit acht Jahren eine Frontlinie quer durchs Land haben, sind wir noch völlig unvorbereitet, um auf diese möglichen Herausforderungen zu reagieren“, erläuterte Chornij. „Es gibt bisher keine Maßnahmen und finanzielle Mittel, um einen Reservefonds für Lebensmittel, Trinkwasser, warme Kleidung und Decken zu bilden. Unsere Caritas verfügt nicht über die technische Basis, um Rettungsaktionen und vorübergehende Unterbringung und Unterkünfte zu organisieren. Es werden auch Generatoren für Strom, Feldküchen und Zelte zum Kochen, Festbrennstofföfen zum Beheizen von Zelten, Schlafsäcke und vieles mehr benötigt, um gegebenenfalls für sichere Bedingungen für Caritas-Mitarbeiter und Einheimische sorgen zu können!“ Neben dieser konkreten Hilfe seien für den Ernstfall auch psychologische Hilfe und emotionale Unterstützung in den Notfallgebieten vorsorglich zu organisieren.

In Bezug auf die aktuelle Corona-Situation, die der Fuldaer Caritasdirektor Juch in seiner zweiten Frage ansprach, betonte Caritasdirektor Chornij, dass momentan eine außergewöhnliche Zunahme an Covid-19-Infektionen zu verzeichnen sei. „Am 3. Februar beispielsweise gab es in der Ukraine mehr als 40.000 neu diagnostizierte Fälle von Infizierten pro Tag. Im Verlauf des Januars erlitten auch direkt bei uns 13 Caritas-Mitarbeiter einen Rückfall mit Covid.“ Angesichts dieser rollenden Corona-Welle steige natürlich die Zahl der Menschen, die Medikamente und Lebensmittel bräuchten. „Es wird aber immer schwieriger, auf diese Herausforderungen zu reagieren, insbesondere angesichts steigender Versorgungs- und Energiepreise seit November letzten Jahres, die auch der Caritas finanzielle Schwierigkeiten bereite.“

Selbstverständlich ging es bei dem Austausch der Caritasdirektoren zuletzt auch um die Möglichkeit, wie Caritas und Öffentlichkeit im Bistum Fulda den Partnern in Iwano-Frankiwsk konkret helfen können. Pfarrer Volodymyr Chornij dankte herzlich für diese Offerte und betonte, dass es momentan in Anbetracht der angespannten politischen und der immer schwierigeren finanziellen Lage praktisch aussichtslos erscheine, das Angebot der Caritas in Iwano-Frankiwsk für die bedürftigen Menschen weiterentwickeln oder gar erweitern zu können. „Die Anzahl der Projekte und deren Finanzierung für 2022 ist leider sogar zurückgegangen; im Dezember 2021 mussten wir 15 Sozialarbeiter entlassen. Einige Projekte haben eine gesicherte Finanzierung nur bis Mitte des laufenden Jahres“, berichtete er. Man konzentriere sich jetzt dementsprechend erst einmal auf die Akuthilfe. „Organisatorisch geht es jetzt darum, möglichst viele freiwillige Helfer für die Caritasarbeit zu gewinnen, die im Falle eines Ausnahmezustands bereitstehen, um die Caritas-Tätigkeiten am Laufen zu halten. Denn wir müssen den Betrieb unserer Armenküche unbedingt aufrechterhalten – hier werden täglich 300 Personen mit Essen versorgt, die sonst hungern müssten. Wir müssen des Weiteren nach Möglichkeit Reserven an Trinkwasser, Nahrungsmitteln und Hygieneartikeln anlegen, um im Ernstfall darauf zurückgreifen zu können. Wenn wir für diese Aufgaben finanzielle Unterstützung erhalten würden, wäre das natürlich eine großartige Sache!“

Caritasdirektor Juch dankte für die Informationen und die Lage-Einschätzung. Er sicherte Caritasdirektor Chornij und den ukrainischen Partnern zu, gerade auch in der augenblicklichen Krise die gemeinsamen Projekte für Menschen mit Behinderung weiter entwickeln zu wollen.  In der Frage der Akuthilfe wolle man sehen, was möglich sei. Juch verwies in dem Zusammenhang auch auf den bereits vereinbarten Besuch einer Caritas-Delegation aus Iwano-Frankiwsk anlässlich der diesjährigen Eröffnung der Renovabis-Pfingstaktion in Fulda, bei der man sich über die Situation und konkrete Hilfebedarfe unbedingt weiter austauschen solle.

Die Caritas im Bistum Fulda sammelt für die Caritas-Arbeit ihres Partnerverbandes jetzt in der augenblicklichen Notlage verstärkt Spenden. Für Online-Spenden können Spendenwillige auf www.caritas-fulda,de unter dem Menüpunkt „Engagement und Spenden“ den Unterpunkt „Spenden“ anklicken. Auf der Seite ist dann u.a. auch das Spendenziel „Caritas-Arbeit Ukraine“ angegeben. Für herkömmliche Spenden-Überweisungen nutzen Interessierte bitte die dort gleichfalls hinterlegte Bankverbindung zur Caritas im Bistum Fulda. Herzlichen Dank!

Zum Bild: Eine alte Dame hat ihr warmes Mittagessen an der Armenküche der Caritas Iwano-Frankiwsk in Empfang genommen. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie speisen die täglich 300 Menschen nicht mehr zusammen in der Caritas-Einrichtung, sondern erhalten ihr Essen verpackt zum Mitnehmen. Die Armenessen werden vollständig über Spenden und Sponsoring finanziert. Bild: Caritas Iwano-Frankiwsk

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