Ein Vogelparadies in der Entwicklung – Exkursion abgesagt

Ein Vogelparadies in der Entwicklung – Exkursion abgesagt

Main-Kinzig (GNA/sh). Die Gesellschaft für Naturschutz und Auenentwicklung (GNA) gibt bekannt, dass aufgrund der Lockdownverlängerung die für den 21. März vorgesehene Fachexkursion an den Langenselbolder Ruhlsee leider ausfallen muss. „Der Ruhlsee lädt auch ohne fachkundige Unterstützung der GNA zum Verweilen, Erholen und Spazierengehen ein“, schlägt Susanne Hufmann, Biologin und eine der Macher*innen der Ruhlsee-Renaturierung von vor Jahren vor. „Seitdem am Nordufer wieder Sichtachsen auf die Rast- und Sandbank am Südufer freigeschnitten wurden, lohnt sich die Mitnahme eines Fernglases oder auch Spektivs, um fantastische Vogelbeobachtungen machen zu können.“ Informationen über den Werdegang des Gebietes geben die vier Tafeln des Seelehrpfads, der 2012 von der GNA in Kooperation mit der Stadt Langenselbold installiert wurden.

Der Ruhlsee entstand – wie der Kinzigsee – in den siebziger Jahren durch Materialentnahmen für den Autobahnbau und ist 17 Hektar groß. An seiner tiefsten Stelle ist er mehr als elf Meter tief. Der See ist 1,4 km lang und zwischen 50 und 250 m breit. Seine Renaturierung fand 2009/2010 im Rahmen eines von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderten Großprojektes der GNA statt. Das hat ihn nach vielen Jahren im „Dornröschenschlaf“ naturnäher werden lassen. Entstanden sind eine große Flachwasserzone als Vogelrastplatz und flache Ufer. In diesen entwickeln sich Schilf- und Röhrichtsäume sowie Wasser- und Schwimmblattpflanzen.

Seit 1980 gehört der Ruhlsee zum Naturschutzgebiet „Kinzigaue von Langenselbold“. Das gilt auch für die Wiesen und die Kinzig mit ihren wertvollen Ufergehölzen, in denen der Biber lebt. Auch die Auenwaldgebiete Stellweg und Bocksgehörn, seit langem von der L 3271 durchschnitten, sind Teil des Naturschutzgebietes und seit 2008 Teil des europäischen Schutzgebietssystems „NATURA 2000“. Dieses wurde auf Grundlage der Flora-Fauna-Habitat [FFH]-Richtlinie ausgewiesen.

„Wir haben immer wieder empörte Anfragen, wie das sein kann“

Umso verwunderlicher, dass trotz dieses Schutzes durch die EU im Frühjahr wiederholt gefällte Bäume (darunter viele Alteichen) am Wegesrand zu sehen sind. „Wir haben immer wieder empörte Anfragen, wie das sein kann“, berichtet Hufmann. „Als Naturschützer kommen wir hier in Erklärungsnot. Warum der wertvolle feuchte Eichen-Hainbuchenwald weiter ausgelichtet wird, ist auch uns ein Rätsel. Zumal das Bocksgehörn zusätzlich unter Prozessschutz steht, um langfristig eine Zunahme des Tot- und Altholzanteils zu gewährleisten. Natürlich müssen an seinen Rändern Verkehrswegesicherungsmaßnahmen durchgeführt werden. Aber auch in seinem Inneren sind frische geschlagene Baumstümpfe zu sehen.“

Leider nutzen viele Menschen das Naturschutzgebiet für illegale Müllablagerungen. Darunter Autoreifen, Kanister, Spraydosen und Kunstrasen. Oder sie hinterlassen auf dem Wiesenweg am Nordufer ihren Abfall. „Schlimm genug, dass durch das Hochwasser viel Müll in das Gebiet gespült wurde und nun vor allem den Ringgraben belastet. Noch bedauerlicher ist es, wenn Besucher*innen die Wege verlassen oder sogar ihre Hunde frei laufen lassen. Das macht das Gebiet als Rast- und Brutgebiet für wiesenbrütende Vogelarten wie den Kiebitz oder die Bekassine, aber auch für Weißstörche, Silber- und Graureiher und die vielen Enten- und Gänsearten wertlos.“

Gemeinsam bedrohte Arten und Biotope schützen

Insbesondere sind auch immer wieder Spaziergänger*innen am Südufer unterwegs, dem Bereich zwischen Kinzig und Ruhlsee. „Ob dies aus Unwissenheit geschieht, weil man die Schilder nicht liest, oder aus anderen Gründen, kann ich nicht sagen. Nur so viel: Dieses Areal wurde gleich nach Abschluss der Renaturierung behördlicherseits für den Publikumsverkehr gesperrt, um der Natur einen Raum zur Entwicklung zu geben. Wenn man sich nicht daran hält, sind die Investitionen von Stadt, Land, Bund sowie Hessen Mobil, aber auch unsere Arbeit vollkommen umsonst gewesen. Wie immer sind wir auf das Verständnis, die Unterstützung und Mitwirkung unserer Mitbürger*innen angewiesen,“ so Hufmann.

Mehr Infos unter www.gna-aue.de.

Zur Unterstützung ihrer Natur- und Artenschutzarbeit im Main-Kinzig-Kreis bittet die Gesellschaft für Naturschutz und Auenentwicklung um Spenden auf das Konto IBAN: DE 75 5066 3699 0001 0708 00 bei der Raiffeisenbank Rodenbach. Spenden an die gemeinnützige GNA können steuerlich abgesetzt werden. Übrigens: Auch Patenschaften helfen, Tierarten zu bewahren.

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