Gaby Hauptmann entführt in die Vergangenheit

Gaby Hauptmann entführt in die Vergangenheit

Am Mittwoch, 16. Oktober, geht es um 19.30 Uhr im Bad Orber Gartensaal – im Gespräch mit Andrea Euler.

Bad Orb (BOK/ae). Am Mittwoch, 16. Oktober, geht es um 19.30 Uhr im Bad Orber Gartensaal literarisch in die Vergangenheit: Gaby Hauptmann konnte von der Bad Orb Kur GmbH für eine Lesung in der Konzerthalle gewonnen werden. Die bekannte Autorin wird von Gisa Pauly, die am Vorabend die Eröffnung der kleinen Veranstaltungsreihe übernimmt, über die Maßen gelobt: „Gaby Hauptmann entführt mich an einen meiner Sehnsuchtsorte: Ihre Bodensee-Saga ist ein mitreißendes, spannendes und ganz und gar emotionales Lesevergnügen, das man sich nicht entgehen lassen darf.“ Mit ihrer Reihe „Die Frauen vom See“ führt Gaby Hauptmann ihre Leserschaft zurück ins 20. Jahrhundert. Der zweite Teil „Der Traum vom besseren Leben“ ist zeitlich nach dem Zweiten Weltkrieg angesiedelt. Der „Hirschen“, ein alter Gasthof am See, hat die dunklen Zeiten überstanden. 

Im Interview spricht Gaby Hauptmann über Kreuzfahrten, Literaturverfilmungen, Hobbys und Tipps für Schreibanfänger.

AE: Frau Hauptmann, in einem früheren Interview haben Sie gesagt, Kofferpacken und Reisen seien Sie gewohnt. Sind Sie denn das erste Mal hier im Spessart?

GH: Wahrscheinlich schon – denn ich bin seit 1995 in Deutschland unterwegs – doch obwohl ich nun wirklich angestrengt darüber nachgedacht habe, fällt mir bei meinen Lesereisen nichts dazu ein. Eher die Filme, die ich vor über dreißig Jahren für den Hessischen Rundfunk gedreht habe, damals ging es um Gesangswettbewerbe, hieß „Der Hessische Löwe“, und da war ich mit meinem Fernsehteam eigentlich überall in Hessen unterwegs und vielleicht auch im Naturpark Hessischer Spessart.

AE: Sie sind ein Multitalent. Freie Journalistin, Regisseurin, Produzentin, Autorin – wie viele Stunden hat denn eigentlich Ihr Tag?

GH: Jedenfalls hat bei mir Work-Live-Balance noch nicht Einzug gehalten. Manchmal von morgens früh bis nachts spät … Aber ich habe ja auch das Glück, dass ich eine Arbeit mache, mit der ich mich wohlfühle, also zähle ich die Stunden nicht.

AE: Sie werden im November zum wiederholten Mal auf einem Kreuzfahrtschiff unterwegs sein und das Unterhaltungsprogramm bereichern. Wie kam es denn dazu?

GH: Ich hatte bereits 2015 gemeinsam mit dem Entertainer Tobias Bücklein eine Einladung auf die „Europa 2“ , damals eine Reise durch den Suezkanal. Die Auftritte waren anspruchsvoll, machten aber auch Spaß. Und in diesem Jahr war es die TUI-Eventmanagerin von „Mein Schiff 3“, Jana Schuh, die auf die Idee kam, eine „Lesereise“ rund um Great Britain zu veranstalten. Sie hat einige Autoren und Autorinnen eingeladen, darunter auch mich. Und im Anschluss daran kommt nun im November eine weitere Schiffsreise: Diesmal „Transafrika“ von Las Palmas bis Kapstadt mit „Mein Schiff 6“ vom 11. bis 29. November … Wer also mit mag J…

AE: Sie kommen ja rum in der Welt – und dennoch scheint Ihre ungebrochene Liebe der Region rund um den Bodensee zu gehören. Was begeistert Sie dort denn insbesondere?

GH: Als ich noch Teenager in Trossingen war, dachte ich, ein Bodensee-Urlaub sei „altbacken“, etwas für ältere Generationen. Seitdem ich hier lebe, also etwa seit 1980, weiß ich, dass der Bodensee höchst interessant ist, denn er zeigt ständig ein anderes Gesicht. Mal ist er fröhlich, entspannt, das Wasser glatt und silbern, dann wechselt seine Farbe von türkis bis tiefblau, und zuweilen ist er so stürmisch und gefährlich, dass es Schiffsbruch gibt. Er ist eine Bereicherung mit seiner Flora und Fauna, mit seinen vielen Tieren und bisweilen auch mit den Menschen, wenn sie sich der Natur gegenüber respektvoll verhalten.

AE: Verraten Sie uns: Gibt es einen Trick, wie wir Sie dazu verlocken könnten, Bad Orb in einem Ihrer Romane unterzubringen?

GH: Das kann ich Ihnen erst nach meinem Besuch sagen.

AE: Ihre Reihe rund um die Bodenseefrauen hat einen wahren Kern. Und hat Sie dazu verlockt, historische Romane zu schreiben. Worum geht es, und wie kam es dazu?

GH: Ein Freund rief mich während der Pandemie an und bat mich, eine kleine Chronik über sein Gasthaus „Hirschen“ zu schreiben, das nun bald 200 Jahre alt sein würde. Aus der kleinen Chronik wurde etwas Größeres, und im Zuge dieser Recherchen fand ich „Anna“, von der es nur vier Eckpunkte gab:

1. 1906 als Dreizehnjährige den elterlichen Hof „Kraftstein“ verlassen, 2. Arbeit im schweizerischen Steckborn am Bodensee gefunden, 3. 1914 den Schweizer August Ruggli geheiratet, und 4. 1922 den 100 Jahre alten Gasthof „Hirschen“ in Horn, deutsches Bodenseeufer, gekauft. Das hat mich inspiriert – und so habe ich mit der Recherche zu „Hoffnung auf eine glückliche Zukunft“ angefangen. Übrigens ist diese „Anna“ die Großmutter des heutigen Wirtes Karl Amann. Und nun ist das Nachfolgebuch „Traum vom besseren Leben“ gerade erschienen. Diesmal geht es um Annas Tochter „Maria“ in den Fünfziger Jahren.

AE: Wollen Sie mit Ihren Büchern einfach unterhalten, oder ist es Ihnen auch wichtig, eine Botschaft zu vermitteln?

GH: Nein, ich schreibe für mich selbst. Schon als Kind, kaum, dass ich schreiben und malen konnte, habe ich mir die Geschichten, die mich interessierten, selbst geschrieben. Und auch mein erstes veröffentlichtes Buch „Alexa – die Amazone“ resultierte aus der Erkenntnis, dass es für 16jährige Reiterinnen einfach keine fesselnde Literatur gab. Die Botschaften, die in meinen Büchern stecken, kommen aus mir selbst heraus – weil ich sie wichtig finde. Dem Mainstream habe ich mich nie untergeordnet (meist kenne ich ihn nicht einmal, weil er mich nicht interessiert) – und wie man sieht, finden die Leser und Leserinnen gerade das an meinen Büchern toll.

AE: Sie schreiben gefühlt im Jahrestakt Bestseller, geben Schreibanfängern auch Kurse – was ist Ihr wichtigster Rat an einen Menschen, der erstmals ein Buch schreiben möchte?

GH: In sich hineinzuhorchen und einfach anzufangen. Nach ein paar Seiten findet er den Takt, und wenn er am Ende ist, kann er den Anfang noch einmal korrigieren, falls es sein muss. Ansonsten: Nicht immer davon reden, sondern schlicht loslegen.

AE: Einige Ihrer Bücher sind verfilmt. Würden Sie denn gerne in den Verfilmungen Ihrer eigenen Bücher selbst vor der Kamera stehen?

GH: Ich muss meine Nase nicht überall zeigen… Sowieso gibt es Menschen, die bei jeder Show mitmachen und vor jeder Kamera stehen müssen, dass man sich gern an ihnen satt sieht – und bisweilen hat man das Gefühl, in allen Talkshows tauchen stets dieselben Gesichter auf. Und übrigens: In unserem Silvester-Spielfilm „Lambada“, den wir 1989 für den Hessischen Rundfunk in Brasilien gedreht haben, stand ich vor der Kamera, weil wir in Rio auf die Schnelle keine schwäbische Schauspielerin gefunden haben … und so bin eben ich mit entsprechendem Dialekt eingesprungen J.    

AE: Haben Sie neben Ihren vielfältigen beruflichen Aktivitäten überhaupt noch Zeit für Hobbys? Und wenn ja: Welche sind das?

GH: Im Oktober gehe ich mit meiner Tochter Valeska mal wieder für drei Tage auf ein Reitturnier – diesmal nach Österreich. Da sie als Pony-Vielseitigkeitsreiterin im Nationalkader war, haben wir früher viele Tage gemeinsam mit den Pferden on the road verbracht. Das sind die Highlights, auf die ich mich immer freue … genau, wie ich mit ihr in Paris zur Olympiade war. Ich denke, als Vater alleine mit dem Sohn oder als Mutter mit der Tochter loszuziehen, hat ganz besondere Qualitäten.

AE: Hätten Sie für die Leserschaft zwei, drei Buchtipps, von denen Sie sagen: Das muss man wirklich gelesen haben?

GH: Es sind keine aktuellen Tipps, es sind Bücher, die mir zu Herzen gegangen sind:

„Zwei alte Frauen“ von Velma Wallis

„Tage mit Felice“ von Fabio Andina

„Pferde stehlen“ von Per Petterson … übrigens auf Bali gegen eines meiner Bücher eingetauscht J

AE: Frau Hauptmann, herzlichen Dank für das Gespräch.

Eintrittskarten zu EUR zwölf sind in der Tourist-Information Bad Orb, unter www.bad-orb.info sowie an allen bekannten Vorverkaufsstellen erhältlich.

Zum Bild: Portrait_Gaby_Hauptmann © Dieter Wehrle

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