Geschichtsverein Biebergemünd lud zum Vortrag in die Alte Post in Bieber ein.
Biebergemünd (GVB/rf). Auf die Spuren der Vergangenheit begaben sich Geschichtsinteressierte bei einem Vortrag von Udo Weis aus Lohrhaupten, der in einem umfassenden Referat die Jahr- und Viehmärkte im Biebergrund beleuchtete. Martina Weibezahn vom Geschichtsverein Biebergemünd konnte hierzu zahlreiche Zuhörer im Kollegraum Alte Post des Biebergrundmuseums begrüßen. Um die Fakten zusammenzutragen, bedurfte es umfangreicher Recherchearbeit. In diversen Staatsarchiven wurde man fündig und ein Glücksfall war, dass der Museumsleiter des Biebergrundmuseums, Peter Nickel, auf einem Stapel alter Bücher, die aus einer Haushaltsauflösung am Straßenrand standen, ein altes Jahrmarktbuch fand, das lückenlos die Bieberer Märkte von 1710 bis 1875 dokumentierte.
Die Recherchearbeit war keine Solonummer, wie Weis erklärte, sondern es hätten mehrere Leute des Regionalgeschichtlichen Netzwerkes Nord Ost Spessart daran gearbeitet. „Das Netzwerk ist kein Verein, es gibt keinen Vorstand und keine Satzung. Jeder kann sich einbringen. Basis für unsere Arbeit sind Akten und Urkunden, die oft sehr mühsam in unterschiedlichen Archiven gesucht werden müssen, um dann ebenso mühsam transkribiert zu werden. Die Ergebnisse unserer Arbeit sind wissenschaftlich fundiert und nachprüfbar. Sie werden veröffentlicht und stehen anderen zur Verfügung“, erklärte Weis. Wie mühsam die Suche nach aufschlussreichen Informationen ist, zeigte die Auflistung aus dem Hessischen Staatsarchiv Marburg, wo über Bieber 5760 Signaturen, Lohrhaupten 3212 und Wirtheim 2564 archiviert sind. „Das war eine längere Suche durch diese 11537 Dateien, da waren wir eine zeitlang unterwegs“, so Weis.
Durch die ganzen Marktakten zieht sich ein Konkurrenzkampf zwischen den einzelnen Ortschaften, wie Weis anhand der Recherchen aufzeigen konnte. Da in den meisten Gemeinden übers Jahr vier Märkte abgehalten wurden und diese vorwiegend auf Feiertage gelegt wurden gab es natürlich gewisse Spannungen. So zeigte Weis auf, dass Wirtheim große Mühe hatte mit ihrem Antrag vier Viehmärkte genehmigt zu bekommen. Wirtheim war damals bayerisch und musste ausgerechnet im benachbarten Bad Orb diesen Antrag stellen, das ebenfalls zu Bayern gehörte. Die Orber sahen darin natürlich eine große Konkurrenz und versuchten das zu verhindern.
Dass um 1718 bis zu 60 Schuhmacher auf dem Markt in Bieber ihren Stand aufschlugen, mag heutzutage verwundern. „Das war bestimmt der regen Bergwerkstätigkeit geschuldet, die Bergleute brauchten Schuhe und auch Lederschürzen, die ja auch von den Schuhmachern gefertigt wurden“, die Erklärung einer der Anwesenden. Die fremden Schuhmacher, vornehmlich aus Steinau, wie ein Eintrag im Marktbuch zeigte, waren natürlich Konkurrenz für die heimischen Handwerker und so gab es auch hier so manchen Streit. „Der Markt in Bieber war nicht klein. 80 bis 90 Händler sind vermerkt und es ist interessant, was sich hier alles an Händlern getummelt hat“, berichtete Weis weiter.
Für einen geregelten Ablauf des Marktes sorgte eine strenge Marktordnung.
Auch das Horizontale Gewerbe scheint auf den Märkten geblüht und sonstige Halunken ihr Unwesen getrieben zu haben, denn in der Marktordnung war vermerkt: Beutelschneider und Huren und sonst anders liederlich Lumpengesindel soll gar nicht geduldet, sondern aufgesucht und zu gefänglich Hafften gebracht werden.
„Für diesen Fall waren die Bieberer schlau, die haben ihr Gefängnis direkt am Marktplatz gebaut“, erklärte Weis. Kurze Wege bedeuteten schließlich kurzen Prozess.
„Es war ein einmaliger Glücksfall, dass wir das Bieberer Marktbuch aus dem Müll retten und so für die Nachwelt erhalten konnten, es ist ein einmaliges Dokument über 147 Jahre Marktgeschichte in Bieber“, freute sich der Museumsleiter Peter Nickel und am Ende des Vortrages über die Jahr- und Viehmärkte im Biebergrund und Umgebung gab es für die gute Recherchearbeit und die interessanten Einblicke in die Geschichte den verdienten Applaus.