Neues Naturparadies im Spessart – Renaturierung abgeschlossen

Neues Naturparadies im Spessart – Renaturierung abgeschlossen

Fast zwei Hektar Feuchtgrünland aufgekauft, das für die heimischen Landwirte nicht mehr interessant war.

Flörsbachtal (GNA/sh). Die Gesellschaft für Naturschutz und Auenentwicklung (GNA e.V.) informiert, dass die Renaturierungsmaßnahmen im hessischen Lohrbachtal rechtzeitig vor dem Tag der Artenvielfalt abgeschlossen werden konnten. Das Lohrbachtal beherbergt wertvolle Feuchtwiesen, wird während des regenreichen Winterhalbjahres regelmäßig überschwemmt und ist Lebensraum vieler auentypischer Tiere und Pflanzen. Obwohl bislang kein Naturschutzgebiet, ist die Lohrbachaue nicht nur für die heimische Amphibienfauna von großer Bedeutung.

Vorarbeiten des NABU Biebergemünd-Flörsbachtal e.V. „Seit einigen Jahren bemühen wir uns verstärkt um den Erhalt und kauften dazu fast zwei Hektar Feuchtgrünland auf, das für die Landwirte nicht mehr interessant war. Gemeinsam mit der GNA-Stiftung Mensch und Natur legten wir einen Tümpel an und kümmerten uns darum, dass die häufig vom Lohrbach überschwemmten Wiesen mit Schafen beweidet oder gemäht wurden, was leider nicht immer möglich war. So drohten die Wiesen nach und nach zu verbrachen und zu verbuschen. Außerdem pflegten wir in vielen ehrenamtlichen Arbeitsstunden die Obstbäume am Rande des Feuchtgebietes,“ berichtet der Vorsitzende Wolfgang Froschauer.

Heutzutage schon ein Hotspot der Artenvielfalt. Die Vorsitzende der GNA, Susanne Hufmann, führt weiter aus: „Seit 2021 besteht mit den ortsansässigen Naturschützern eine Kooperation, die zum Ziel hat, dass das Feuchtgebiet wiederbelebt und der Lebensraum für seltene und bedrohte Arten verbessert wird. Im Gebiet und darüber hinaus sind die Spuren des Bibers überall sichtbar. Eisvögel fischen im Bach und Wasseramseln brüten hier. Der Schwarzstorch kommt als Nahrungsgast dann und wann zu Besuch. In weiten Teilen ist der Lohrbach noch naturnah. Im Bereich der Renaturierung ist das Fließgewässer leider schon seit vielen Jahren massiv begradigt und folgt daher nicht mehr seinem natürlichen Lauf.“

Bäche unter dem Schutz der EU. Nur der Lohrbach selbst und der Flörsbach sind seit 2008 Teil eines etwa 17 Hektar großen Schutzgebietes der europäischen Union (EU). Das sogenannte Flora-Fauna-Habitat-Gebiet (FFH) liegt zwischen Kempfenbrunn und Lohrhaupten und der bayerischen Landesgrenze im Süden. Unter Schutz stehen ausschließlich die Wasserläufe mit den Bachbewohnern Groppe und Neunauge wie auch die zehn Meter breiten Uferstreifen auf beiden Seiten der Gewässer.

Das FFH-Gebiet gehört gemeinsam mit anderen europäischen Schutzgebieten zum Natura 2000-Netz, das innerhalb der EU zum Schutz wildlebender Tier- und Pflanzenarten und ihrer natürlichen Lebensräume errichtet wurde.

Maßnahmen in Kooperation mit Fachleuten des RP Darmstadt. Zu den Maßnahmen, die nach fast dreijähriger Vorbereitung, Planung und mit Baugenehmigung des Main-Kinzig-Kreises ab Oktober 2024 durchgeführt wurden, zählen der Rückbau eines baufälligen Schafstalls, der die natürliche Fließgewässerdynamik des Lohrbaches behinderte, die Grundpflege der Feuchtwiesen, um Gehölze und Neophyten zurückzudrängen und die Neuanlage einer großen Flutmulde.

Naturschützer trotzen Klimawandel. Innerhalb dieser Flutmulde legte man drei weitere Fortpflanzungstümpel zur Unterstützung von Erdkröte, Grasfrosch, Feuersalamander, Teichmolch und Co. an, so dass auch in zu heißen und zu trockenen Zeiten die Amphibienentwicklung vom Ei über die Kaulquappe bzw. Larve bis zum adulten Tier abgeschlossen werden kann. Libellen und Wasserinsekten profitieren ebenso von der Anlage.

Nichts geht ohne Probleme. „Leider hatten wir bei diesem Projekt mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen. Aber das kommt bei unserer Arbeit häufiger vor, denn wir arbeiten direkt in und mit der Natur und nicht nur am Schreibtisch,“ bemerkt Hufmann, die als Biologin auch die Projektleitung inne hatte. „Aufgrund von technischen Verzögerungen kamen wir in die regenreichste Zeit und auch die Anwesenheit des Bibers machte uns zu schaffen. So gern wir ihn als Landschaftsgestalter sehen, führten seine zum Zeitpunkt der Realisierung intensiven Bautätigkeiten diesmal zu einer andauernden Überschwemmung des Baufeldes. Wir mussten flexibel reagieren und pragmatische Lösungen finden, natürlich immer in Rücksprache mit den zuständigen Behörden, darunter die Untere Wasserbehörde, die Untere Naturschutzbehörde sowie der Naturschutzbeauftragte des Forstamtes Jossgrund. Das gelang uns schließlich, nicht zuletzt auch durch die kompetente Unterstützung des ausführenden Bauunternehmens.“

Erst in einigen Monaten werde sich zeigen, ob und wie die Maßnahmen wirken, denn zurzeit durchfließt das Wasser des Lohrbaches immer noch, bedingt durch einen großen Biberdamm, das Feuchtgebiet und sucht sich erst unterhalb seinen Weg zurück ins eigentliche Bachbett.

Förderung durch Bund und Land. Die Wiederherstellung und Entwicklung des Feuchtgebietes in der Lohrbachaue wurde gefördert durch das Land Hessen und – im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) – mitfinanziert durch die Bundesrepublik Deutschland. Bewilligungsstelle ist das Regierungspräsidium Darmstadt. „60 Prozent der finanziellen Mittel stammen vom Bund, 40 Prozent vom Land. Das Förderprogramm bietet die einmalige Möglichkeit, investive Naturschutzmaßnahmen im ländlichen Raum und in der Agrarlandschaft zu realisieren“, so Hufmann abschließend.