Nachbericht zur Veranstaltung im Gartensaal der Konzerthalle – von Heinz Josef Prehler, Vorsitzender Gegenwind Bad Orb.
Bad Orb (hjp/red). „Die EU wird ihre Klimaziele nur dann effizient erreichen, wenn der europäische Emissionshandel ETS (Emissions Trading System) eine umfassende Steuerung übernimmt. Die nächste Bundesregierung sollte sich dafür stark machen, statt weiter auf kleinteilige, teure und nutzlose Sondermaßnahmen zu setzen.“ Diese Schlagzeile eines Artikels, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, an dem Prof. Dr. Joachim Weimann mitarbeitete, war der rote Faden seines Vortrages bei Gegenwind Bad Orb im Gartensaal der Konzerthalle.
Der Gartensaal der Konzerthalle war erneut voll besetzt bei einer weiteren Vortragsveranstaltung von Gegenwind Bad Orb. Prof. Weimann von der Universität Magdeburg trug „starke volkswirtschaftliche Argumente“ vor, welche gegen den weiteren Bau von Windkraftanlagen und Photovoltaikanlagen sprechen. Er widerspricht der Bundesregierung, die mit vielen, sehr kleinteiligen Vorgaben und Gesetzen Deutschland bis 2045 klimaneutral machen will. Diese werden so gut wie alle vom Staat definiert und subventioniert. Es beginnt beim Bau von Windkraft- und Photovoltaikanlagen und endet noch nicht beim Austausch von Haustüren. McKinsey schätzt die Gesamtkosten der deutschen Energiewende auf sechs Billionen Euro, ca. das eineinhalbfache des deutschen Bruttosozialproduktes 2024. Politiker argumentieren, dass es einen Energiewendeboom geben wird, der Wirtschaftswachstum und Wohlstand zurückbringt. Der aktuelle Niedergang der deutschen Wirtschaft zeigt allerdings, dass dies eine Illusion ist.
Weimann: „Der Irrweg der deutschen Energiewende bedeutet, dass die fossile und atomare Energieversorgung abgerissen und durch eine neue ersetzt wird, die nur auf erneuerbare Energie setzt. Der Ausgang ist fraglich. Wirtschaftliches Wachstum und daraus folgender Wohlstand setzen voraus, dass eine Ökonomie mehr oder bessere Waren und Dienstleistungen produziert. Der Austausch des Energiesystems, oder in volkswirtschaftlicher Sprache, dessen Kapitalstock hat zur Folge, dass bestenfalls genauso viel Energie wie vorher zur Verfügung steht“. Nach Weimann wird das neue Energiesystem wahrscheinlich weniger Versorgungssicherheit bieten, als das alte und zu erheblich höheren Strompreisen führen. „Billionen Euros stehen nicht mehr für andere, produktive Investitionen, z.B. für Eisenbahn- und Straßenbau, für das Bildungssystem, für das Gesundheitssystem, für den Bausektor und nicht zuletzt für die Landesverteidigung zur Verfügung“.
Weimann: „Aber wo bleibt der Klimaschutz, wo bleibt die CO₂-Reduzierung? Seit 1990, also ab der Wiedervereinigung, hat Deutschland seine CO₂-Emissionen um rund ein Drittel reduziert. Davon sind ebenfalls ca. ein Drittel auf die Abwicklung der DDR zurückzuführen. In allen anderen größeren Industrieländern, mit Ausnahme Frankreich und Japan, sind die Emissionen gestiegen. Der Anteil der deutschen CO₂-Emissionen liegt inzwischen nur noch bei ca. 1,5 Prozent des weltweiten Ausstoßes. Die Hoffnung, dass andere uns folgen ist damit kläglich gescheitert“.
Prof. Weimann schlägt deshalb eine alternative Vorgehensweise vor: Erfolgreiche Klimapolitik muss die CO₂-Emissionen reduzieren, ohne dabei unseren Wohlstand nachhaltig zu reduzieren. Dies setzt Kosteneffizienz voraus. Ressourcen müssen dort eingesetzt werden, wo die Kosten zur CO₂-Vermeidung am niedrigsten sind. Der oben dargestellten Planwirtschaft wird eine marktwirtschaftliche Alternative gegenübergestellt. Für CO₂-Emissionen ist ein Preis zu zahlen. Unternehmen werden versuchen, diese Kosten durch CO₂-Reduktion zu vermeiden. Es entsteht Wettbewerb. Wer bessere, kostengünstigere Lösungen findet, wird belohnt. Mit diesem Gedanken wurde das europäische Emissionshandelssystem (EU-ETS) für diverse Wirtschaftsbereiche wie Stromerzeugung, Herstellung von Stahl oder Papier, etc. erfolgreich eingerichtet.
Der maximal zulässige CO₂-Ausstoß wird europaweit gedeckelt, Jahr für Jahr reduziert und muss bezahlt werden (Preis je ausgestoßene Tonne CO₂). Bei dem einen ist die Vermeidung teurer, bei dem anderen billiger. Die Vermeidung erfolgt dort, wo es am billigsten ist. Das EU-ETS existiert seit 2005 und wirkt seit 2013. Es hat das für 2030 vorgegebene Reduktionsziel bereits 2022 erreicht zu Kosten zwischen 5 und 90 Euro pro Tonne! Es ist das weltweit erfolgreichste Klimaschutzinstrument.
„Und die deutsche Klimapolitik? In Deutschland liegen die Vermeidungskosten je eingesparter Tonne CO₂ im dreistelligen €uro-Bereich, egal ob beim Einbau einer Wärmepumpe oder dem Betrieb eines Elektroautos. Wir betreiben Planwirtschaft und ignorieren die viel besseren marktwirtschaftlichen Instrumente. Die deutsche Klimapolitik besteht aus Zwang, Steuern, Auflagen und Verboten, kostet Milliarden und bringt über das EU-ETS hinaus keinen Nutzen. Die in Deutschland freiwerdenden CO₂-Rechte – beispielsweise bei der Stromerzeugung – werden von anderen Ländern aufgekauft (zum Marktpreis, nicht zu unseren Entstehungskosten) und verbraucht. Am Gesamt-CO₂-Ausstoß ändert sich dadurch nichts“.
„Ob dieser Weg beschritten wird, muss von der Politik entschieden werden“
Was schlägt Prof. Weimann als Lösung vor? Der europäische Emissionshandel sollte für alle Sektoren eingeführt werden. Er erzeugt in allen Ländern einen einheitlichen CO₂-Preis und regelt die Reduktion der EU-Emissionen sicher und kosteneffizient. Durch den europäischen Emissionshandel werden nationale „Sondermaßnahmen“ überflüssig, d.h. mit ihnen lässt sich die Gesamt- CO₂-Emission in der EU nicht weiter senken. Die nationalen Maßnahmen zum Klimaschutz können damit eingestellt werden, d.h. Streichung aller Vorschriften, Verbote, Abgaben und Steuern. Die Folge wäre eine extreme Entlastung aller Menschen und Unternehmen bei gleichzeitiger EU-weiter Erreichung der Klimaziele. Es werden Mittel freigesetzt, die z. B. in Bildung, Infrastruktur, Gesundheit und in technologieoffene Forschung zur CO₂-armen Energiegewinnung eingesetzt werden können. Im Gegensatz zum bisherigen planwirtschaftlichen Ansatz der Bundesregierung könnte ein erfolgreicher europäischer Emissionshandel auch Länder wie China oder Indien – die großen CO₂ Emittenten – überzeugen, dem europäischen Weg zu folgen.
„Ob dieser Weg beschritten wird, muss von der Politik entschieden werden“, so Heinz Josef Prehler abschließend.