„Hitzeaktionsplan soll kein lebloses Papier sein“

„Hitzeaktionsplan soll kein lebloses Papier sein“

Landkreisverwaltung präsentiert Ziele künftiger Hitzeschutzmaßnahmen

Main-Kinzig / Gelnhausen (MKK/jkm). Das Amt für Gesundheit und Gefahrenabwehr hatte ins Main-Kinzig-Forum zum Hitzeschutztag eingeladen, um über präventive Maßnahmen zu informieren und um über mögliche Inhalte eines Hitzeaktionsplans ins Gespräch zu kommen. „Der Wissenschaft ist seit Jahrzehnten klar, dass es durch die Erderwärmung zu kritischen Wetterereignissen wie Starkregen und Hitze kommen kann“, sagte Dr. Wolfgang Lenz, Leiter des Amts für Gesundheit und Gefahrenabwehr, in seiner Begrüßungsrede. „Das ist ein gesamtgesellschaftliches Thema. Wir dürfen uns weiter über die Sonne freuen, müssen aber etwas mehr tun, um unsere Gesundheit zu schützen.“

Workshops und Austausch mit Pflegekräften, Erziehern, Lehrern und Bürgern

Erik Zukunft, organisatorischer Leiter im Sachgebiet Hygiene und Umweltmedizin, betonte: „Die Maßnahmen des Hitzeaktionsplans werden in den nächsten Monaten in Arbeitsgruppen entwickelt. Der Plan soll kein lebloses Papier sein, sondern regelmäßig gepflegt und aktualisiert werden.“ Katrin Hess, Leiterin des Amts für Umwelt, Naturschutz und ländlicher Raum, verwies darauf, dass in ihrem Amt „der Klimaschutz und die Klimaanpassung fest verankert“ seien und derzeit ein Integriertes Klimaschutzkonzept entwickelt werde. Moderatorin Geeta Chatterjee, Leiterin des Kompetenzteams Projekte im Amt für Gesundheit und Gefahrenabwehr, hob die Arbeit des Projektteams Hitzeschutztag unter Erik Zukunft hervor und dankte insbesondere Manuela Möller vom Sachgebiet Hygiene und Umweltmedizin sowie der Praktikantin Melanie Juhre.

Den ersten Workshop „Gesundheitliche Hitzefolgen bei älteren und pflegebedürftigen Menschen“ leiteten Dr. Maria Haas-Weber, Fachärztin für Allgemeinmedizin, sowie Silvia Fuß und Christa Kuhn vom Expertenteam Palliativ Pflege. Letztere legten dar, welche Vorkehrungen in Pflegeheimen an Hitzetagen (über 30 Grad) getroffen werden, etwa die Anpassung von Speiseplan, Getränken und Medikamenten. Außerdem erklärten sie akute Hitzeerkrankungen wie Hitzschlag, Hitzekollaps oder Sonnenstich. Dr. Maria Haas-Weber betonte, wie sehr ihr die vulnerablen Gruppen am Herzen liegen: „Für uns sind Schutzmaßnahmen einfach umzusetzen, aber was ist mit den schwerkranken Menschen, die alleine zu Hause isoliert sind und ihre Autonomie verloren haben? Sie brauchen uns und wir müssen aufeinander achten, auf unsere Angehörigen, Kollegen, Nachbarn.“ Außerdem erklärte sie, wie schnell Personen mit mehreren Beschwerden wie Herz- oder Nierenschwäche und der Einnahme von einem Dutzend Medikamenten pro Tag bei Hitze in einen gefährlichen Zustand geraten können.

Zur Entstehung eines Hitzeaktionsplans sprachen am Mittag Dr. Wolfgang Lenz und Erik Zukunft. „Hessen verfügt bereits seit 2003 über ein Hitzewarnsystem und seit diesem Jahr über einen Hitzeaktionsplan. Ein weiteres Angebot ist die App hessenWARN“, zählte Dr. Lenz auf. „Bis Sommer 2025 müssen die hessischen Landkreise und kreisfreien Städte ebenfalls einen Hitzeaktionsplan erarbeitet haben“, ergänzte Erik Zukunft. Zur Überraschung folgte ein Video des Arztes und Kabarettisten Dr. Eckart von Hirschhausen mit Verhaltenstipps bei Hitze: etwa eine Siesta machen und keinesfalls ein Kleinkind im Auto zurücklassen.

Um „Gesundheitliche Hitzefolgen bei Kindern“ ging es am Nachmittag in der Fachtagung mit Erzieherinnen, Tagesmüttern und Lehrkräften unter der Leitung von Jelka Wickham, Projektleitung gesundheitlicher Hitzeschutz der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit e.V. (KLUG). Wickham betonte, dass es derzeit in Deutschland weder eine flächendeckende Umsetzung von Hitzeschutzmaßnahmen noch Notfallpläne für Extremszenarien gebe. „Daher müssen vulnerable Gruppen wie Kleinkinder besonders in den Blick genommen werden“, so Jelka Wickham.

In Workshops diskutierten die Gruppen, mit welchen Maßnahmen man noch diesen Sommer die Belastungen durch Hitze reduzieren kann. Anregungen dafür erhielten sie zuvor per Online-Videokonferenz in zwei Kurzvorträgen von Dr. Katrin Steul vom Gesundheitsamt der Stadt Darmstadt und des Landkreises Darmstadt-Dieburg sowie Philipp Rocker von den Johannitern, in deren Projekt „ExTrass“ in Zusammenarbeit mit der Universität Potsdam Handlungsempfehlungen für Kindertagesstätten und Pflegeeinrichtungen erarbeitet worden sind. Zu den Ergebnissen der Gruppenarbeit gehörten beispielsweise das Aufstellen von Planschbecken, die Bereitstellung von Obst, Gemüse und Wasserkästen im Alltag sowie die Nutzung anderer Räume. Mehrere Teilnehmerinnen hatten in der Vorstellungsrunde von Raumtemperaturen im Sommer von bis zu 34 Grad berichtet und baten die Verwaltungen um bauliche Verbesserungen. Interessierte trugen sich anschließend in eine Liste ein, um künftig am Hitzeaktionsplan mitzuarbeiten.

Den ganzen Tag über standen im Foyer die Amtsleiterin Katrin Hess sowie die Sachgebietsleiterinnen Dr. Simone Karau, Dr. Gunda Adolphi und Sakire Çağlayan mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für Fragen an Informationsständen zur Verfügung. Ein Team des Sachgebiets Hygiene und Umweltmedizin bot ein Quiz zum Hitzeschutz an, bei dem Sonnenhüte und Vernebler zu gewinnen waren. Am Stand des Zahnärztlichen Dienstes und des Arbeitskreises Jugendzahnpflege wurde man über zahngesundes Essen und Trinken bei Hitze aufgeklärt. An den Ständen des Amts für Umwelt, Naturschutz und ländlicher Raum konnte man sich über Klimaschutz und Klimaanpassung informieren. Hobbygärtner bekamen Tipps, welche Pflanzen hitzeangepasst sind. Am Stand des Kompetenzteams Bürgerinformation meldeten sich mehrere Dutzend Personen für das Hitzetelefon an, das auf Wunsch in der Sommerzeit telefonisch allgemeine Hinweise zum Verhalten bei hohen Temperaturen gibt. Vor dem Forum konnten sich Kinder auf einer Hüpfburg vergnügen. Ehrenamtliche vom Deutschen Roten Kreuz zeigten Interessierten eine Combo-Box mit 1.000 Litern Trinkwasser zur Notversorgung im Katastrophenfall. Mitglieder der DLRG (Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e.V.) wiesen mit Bildern auf die gesundheitlichen Gefahren an Badetagen hin.

Amt für Gesundheit und Gefahrenabwehr bietet im Sommer „Hitzetelefon“ an

Das Amt für Gesundheit und Gefahrenabwehr bietet im Sommer ein „Hitzetelefon“ an, das registrierte Personen vom 15. Juni bis 31. August über die Hitzewarnungen des Deutschen Wetterdienstes vormittags telefonisch informiert. Rückfragen und Anmeldungen sind möglich unter der Telefonnummer (06051) 85-17000 oder per E-Mail unter buergerinformation@mkk.de.

Zum Bild: Beim vom Landkreis veranstalteten Hitzeschutztag leiteten Dr. Maria Haas-Weber, Fachärztin für Allgemeinmedizin (links), sowie Silvia Fuß und Christa Kuhn (r.) vom Expertenteam Palliativ Pflege den Workshop „Gesundheitliche Hitzefolgen bei älteren und pflegebedürftigen Menschen“.

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