Traditionsreicher Spessart-Touristenverein Hanau wird aufgelöst

Traditionsreicher Spessart-Touristenverein Hanau wird aufgelöst

Der im Jahre 1879 gegründete Spessart-Touristen-Verein zu Hanau wird Ende dieses Jahres aufgelöst

Hanau / Main-Kinzig (SB/pv). Der im Jahre 1879 gegründete Spessart-Touristen-Verein zu Hanau wird Ende dieses Jahres aufgelöst. Dies teilt der Vorsitzende, Güter Peter, mit. „Der Verein gehört zu den traditionsreichsten Ortsgruppen des Spessartbundes und hat für den Spessartbund, der im Jahre 1913 gegründet wurde, über 100 Jahre eine außergewöhnliche Bedeutung“, sagte Dr. Gerrit Himmelsbach, Vorstand Kommunikation, im Spessartbund. Er dankte Peter, der die Arbeit des Vereins viele Jahrzehnte vorbildlich geleitet habe, ausdrücklich für sein Engagement. Dazu gehöre unter anderem auch die Vertretung im Naturschutzbeirat der Stadt Hanau. Leider habe sich nach Angaben von Peter die Mitgliederzahl auf derzeit 57 reduziert mit einem Altersdurchschnitt von 77 Jahren. Davon seien weniger als die Hälfte noch aktiv.

Neue Mitglieder kommen nur selten dazu und so ergibt sich die Situation ab 2024: Keinen Vorstand mehr, nur noch sehr wenige Wanderführungen und eine Teilnahme von unter 20 Personen an Wanderungen. Durch die hohe Altersstruktur kommt auch eine Vereinigung mit anderen Wandervereinen nicht zum Zug. Es blieb nur die Alternative, den Verein am 31. Dezember 2023 aufzulösen. Die Entscheidung dafür erfolgte einstimmig in der Jahreshauptversammlung am 3. Februar 2023“, sagte Peter weiter. Eine besondere Ehre konnten nach ihm Margot Klaus und Roland Peter erfahren. Sie sind 60 Jahre im Verein und bekamen eine Urkunde mit Prämie. Marie-Luise Pfirrmann konnte für 25 Jahre im Verein geehrt werden.

Auch wenn es weh tut, eine solch lange Tradition und Geschichte zu beenden, bleibt keine andere Lösung“, bedauert Peter. Alle erhaltenen Wanderpläne, Urkunden, Abzeichen, Fahnen etc. würden dem Archiv der Stadt Hanau übergeben und dort aufbewahrt. „Für hoffentlich viele Jahre wird eine Hainbuche im Bürgerwäldchen an den Verein erinnern“, so sein Resümee.

„Für hoffentlich viele Jahre wird eine Hainbuche im Bürgerwäldchen an den Verein erinnern“

Im Jahre 1879 war die Not im Spessart groß. Arbeitslosigkeit, schlechte Ernten und Krankheiten durch fehlende Hygiene waren die Ursachen; um hier zu helfen trafen sich neun Hanauer Bürger im Gasthaus „Zur Post“ und gründeten den Spessart-Touristen-Verein zu Hanau“, schreibt Peter in einer historischen Rückschau. Hauptziele seien die Förderung des Tourismus durch Stärkung der Gaststätten und durch die Markierung von Wanderwegen, aber auch der Schutz der Natur und regelmäßige Treffen zur Geselligkeit gewesen. Im Jahre 1882 seien gusseiserne Wegweiser durch die Rückersbacher Schlucht angebracht worden. „Leider waren nicht alle Dorfbewohner von fremden Besuchern erfreut und so wurden die Wegweiser zerstört. Als Ausweg wurden Wegzeichen mit Farbe an den Bäumen angebracht“, bemerkt Peter weiter.

1885 waren es bereits 85 Mitglieder und der Verein hatte sein eigenes Abzeichen. 1891 mit 100 Mitgliedern stifteten die Frauen (die nicht Mitglieder werden durften) ein in Seide und Gold besticktes Banner, das bis heute erhalten ist. 1894 entstand der erste Wanderführer mit einer Karte, die die vorhandenen markierten Wege enthielt. 1896 wurde zusammen mit dem Freigerichter Bund ein Unterkunftshaus auf dem Hahnenkamm errichtet, das noch heute als Gaststätte besteht. Seit 1899 wird jedes Jahr im Januar eine Wanderung auf den Hahnenkamm durchgeführt. 1900 entstand nach den Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) eine Satzung und der Eintrag in das Vereinsregister. 1904 wurde mit 201 Mitgliedern das 25jährige Bestehen in der Centralhalle groß gefeiert. 1913 wurde in Hanau der Spessartbund gegründet. Mit allen angeschlossenen Vereinen wurden einheitliche Markierungen beschlossen und regelmäßig aktuelle Wanderkarten angeboten.

Im ersten Weltkrieg pausierte das Vereinsleben, um danach wieder voll zu erblühen. Bereits vor 1900 wurde jedes Jahr ein Wanderplan ausgearbeitet und durchgeführt. Auch mehrtägige Wanderungen gehörten dazu. Ab 1920 durften auch die Frauen Mitglied werden. Der Buchbergverein der 1909 den Aussichtsturm auf dem 200 m hohen Buchberg bauen ließ, fusionierte aus Altersgründen mit dem Spessart-Touristen-Verein. Es wurde ein Unterkunftshaus gebaut und bewirtschaftet. 1929 waren es 148 Mitglieder. Bis 1939 wurde ein reges Vereinsleben verzeichnet. Mit dem „dritten Reich“ kamen Einschränkungen und während des Zweiten Weltkrieges wieder die Einstellung der Vereinsarbeit. Der 19. März 1945 brachte die komplette Vernichtung des Vereinsarchives. Das Hahnenkammhaus und das Buchberghaus wurden Bombenopfer.

Erst am 1. September 1949 wurde mit 24 Mitgliedern neu angefangen. Es gab wieder jährliche Wanderpläne auch mit Busfahrten. Von 1975 bis 2010 gab es jährliche Wanderwochen in Deutschland und Österreich. Dazu gab es von 1976 bis 1998 Wochenendwanderungen, die bis in das Elsass führten. Dreitägige Wanderungen im Spessart kamen dazu. In den achtziger Jahren stieg die Mitgliederzahl auf 129. Am 9. September 1979 konnte das hundertjährige Jubiläum in der Stadthalle gefeiert werden. Nach sieben Vorgängern wurde 1980 Günter Peter 1. Vorsitzender bis heute. 1984 wurde dem Verein die Eichendorff-Plakette persönlich durch Bundespräsident Dr. Carstens verliehen und überreicht.

1989 wurde zum 110jährigen Jubiläum eine Ausstellung mit erhaltenen alten Wanderplänen, Urkunden und Bildern im historischen Rathaus der Stadt Hanau veranstaltet. Dabei wurde auch die Fahne von 1891 gezeigt. 2004 wurde das 125jährige Bestehen im Nachbarschaftshaus Lamboy-Tümpelgarten gefeiert. Dort wurde auch 2019 die 140jährige Feier abgehalten. 2013 wurde das hundertjährige Bestehen des Spessartbundes im Schloss Philippsruhe in Hanau gefeiert. Im Spessartmuseum in Lohr gab es eine Sonderausstellung dazu in der viele alte Wanderpläne, Karten etc. von unserem Verein gezeigt wurden. Peter: „Ein Höhepunkt dieser Ausstellung unsere Fahne von 1891“.

Zu den Aktivitäten des Vereines zählt auch im letzten Vereinsjahr die Markierung von Wanderwegen des Spessartbundes und im Auftrag der Stadt Hanau. Kulturelle Aspekte lieferten die Fassnachtsfeiern, Frühlingsfeste und Weihnachtsfeiern. Für die Senioren wurden seit 40 Jahren eigene monatliche Veranstaltungen angeboten. Für den Landesverband wird seit 40 Jahren Naturschutzarbeit geleistet mit Abgabe von Stellungnahmen gemäß § 63 Bundesnaturschutzgesetz.

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