Kiebitzbestand in Gefahr

Kiebitzbestand in Gefahr

Gesellschaft für Naturschutz und Auenentwicklung plant neues Wiesenvogelrefugium

Main-Kinzig (GNA/sh). Es ist es wieder soweit: Der Vogelzug hat begonnen. Abertausende Zugvögel ziehen von ihren Winterquartieren in die nördlichen Brutgebiete und überfliegen dabei auch den Main-Kinzig-Kreis. Sie legen Strecken von einigen tausend Kilometern zurück. Es versteht sich von selbst, dass unsere gefiederten Freunde gelegentlich Pausen einlegen müssen, um zu ruhen und um ihre Energiereserven aufzuladen. Die meisten ziehen weiter, andere bleiben, um zu brüten.

So auch der Kiebitz. „Seine bevorzugten Lebensräume sind das Flos in Langenselbold und das Hasselrother Feuchtgebiet Herrenbruch. Auf den weiten, offenen und baumarmen Wiesen und Überschwemmungsflächen finden wiesenbrütende Vogelarten nach unseren Renaturierungsmaßnahmen der letzten Jahre endlich wieder genug Nahrung und die besten Voraussetzungen, ihre Jungen großzuziehen. Einzige Bedingung: Keine Störungen, weder vom Mensch noch vom Hund,“ sagt Susanne Hufmann, Biologin und Vorsitzende der GNA.

Während im Februar die Auen an der Kinzig durchziehenden Vogelschwärmen als Rastplatz dienen, herrscht hier von März bis Ende Juni Brutsaison. Bekassine, Kiebitz und andere Wiesenbrüter legen ihre Nester auf Wiesen und Ackerflächen an. Sitzen sie auf ihren Gelegen, sind die Vögel besonders sensibel. Werden sie gestört, fliegen sie auf und verlassen den Brutplatz. Bei zu langer Abwesenheit kühlen die Eier aus. Wiederholte Störungen veranlassen die Vögel, ihre Nester ganz zu verlassen. Die Brut ist verloren.

Typisch Kiebitz. Vanellus vanellus ist etwa taubengroß, hat eine Flügelspannweite bis 75 cm und trägt eine lange Federholle auf dem Kopf. Der schwarz-weiß gefärbte Vogel kann 25 Jahre alt werden. Sein charakteristischer Ruf „Kie – wit, kie – wit!“ ist auf dem Durchzug oft zu hören, aber viel seltener in der Brutzeit. Nur wenige überwintern bei uns. Im besten Fall treffen sie im zeitigen Frühjahr in den Brutgebieten an der Kinzig ein, um im Spätherbst aufzubrechen und weiterzuziehen.

Zur Brutzeit führen die Männchen spektakuläre Balzflüge aus und markieren ihr Territorium. Steile Aufstiege werden mit Sturzflügen und wildem Torkeln kombiniert. Das Nest liegt auf dem blanken Boden. In einer Mulde findet man maximal vier Eier, die 26 bis 29 Tage bebrütet werden, wobei sich Männchen und Weibchen abwechseln. Die Küken sind Nestflüchter, die sich sofort nach dem Schlupf auf die Nahrungssuche machen. Auf ihrem Speisezettel stehen kleine Bodentiere, Insekten und deren Larven, Regenwürmer, Samen und Früchte der Wiesenpflanzen. Etwa fünf Wochen werden sie von ihren Eltern beaufsichtigt; dann sind sie flügge.

Kiebitz und Bekassine haben es nicht leicht. Die Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen, sei es im Überwinterungsgebiet, im Sommerquartier oder auf der Rast, schreitet voran. Zwar sind sie als Zugvögel „immer auf Achse“; zum Überleben, zur Aufzucht ihrer Jungen und zur Nahrungsaufnahme sind sie auf Lebensräume am Boden und in und am Wasser angewiesen. Hier stehen sie in direkter Konkurrenz zum Menschen.

Mit dem Hund unterwegs. Der Mensch ist ein gern gesehener Gast in den Kinzigauen, wenn er sich an einige wichtige Regeln hält. Dazu gehört, dass bestehende Wege auf gar keinen Fall verlassen werden dürfen. Die Wiesen sind grundsätzlich tabu. Denn das Feuchtgrünland ist nicht nur wertvoller Lebensraum vieler Tiere und Pflanzen, sondern wird in erster Linie landwirtschaftlich genutzt. Wenn man mit dem Hund unterwegs ist, sollte man Verantwortung übernehmen, den Hund anleinen und den Kot aufsammeln. Denn auf den Wiesen wächst das, was letztlich auf unseren Tellern landet. Landwirte produzieren im Grünland Futter für ihre Rinder, Schafe, Pferde und Ziegen. Die Verunreinigung mit Hundekot stellt eine große Gesundheitsgefahr dar. Vor allem bei Rindern kann es zu Fehl- und Totgeburten kommen. Hufmann rät deshalb: „Bitte leinen Sie Ihren Hund an, denn Wildtiere benötigen Ruhe! Bleiben Sie auf den Wegen und gehen Sie nicht über die Wiesen! Stören Sie auf keinen Fall Rast und Brut der Wildvögel! Dann sind auch Sie herzlich willkommen im Kiebitzland an der Kinzig.

20 Jahre Artenschutz an der Kinzig. Die GNA bemüht sich seit langem um den Erhalt von Feucht- und Auenwiesen, eine extensive Grünlandbewirtschaftung und um den Schutz von Brutplätzen und Rastflächen. „Mehr Artenvielfalt“ ist ein wichtiges Ziel der Artenschützer. Dazu optimieren sie Nahrungsbiotope und Flutmulden und legen Tümpel und Wasserflächen in der Aue an. Gehölzriegel werden entfernt, Gräben aufgeweitet und in Feuchtgebiete verwandelt.

Der Erfolg kann sich sehen lassen. Nach Abschluss der Maßnahmen brüten seit einigen Jahren endlich wieder Kiebitzpaare im Herrenbruch. Weitere umfangreiche Maßnahmen zum Arterhalt sind zurzeit in der Vorbereitung. Zur Unterstützung ihres Kiebitzrefugiums in Hasselroth bittet die GNA um Spenden auf das Konto IBAN: DE 75 5066 3699 0001 0708 00 bei der Raiffeisenbank Rodenbach. Die Spenden an die gemeinnützige Organisation können steuerlich abgesetzt werden. Mehr Informationen finden sich unter www.gna-aue.de

Foto: pixabay.com

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