Hasnain Kazim hat das „Bad Orber Kalifat“ ausgerufen

Hasnain Kazim hat das „Bad Orber Kalifat“ ausgerufen

Bad Orb (ae). Zu den Klängen des Marschs „Gruß an Kiel“ betritt am Montagabend Hasnain Kazim die Bühne. Mit dem Lied wird das Segelschulschiff Gorch Fock immer wieder in Hamburg im Hafen empfangen. Und Kazim mag die Gorch Fock als ehemaliger Marineoffizier. Doch im Gartensaal der Konzerthalle Bad Orb ist der Autor und Journalist nicht etwa, um über seine Marinevergangenheit zu sprechen. Er ist gekommen, um das „Bad Orber Kalifat“ auszurufen – ein Aufruf, dem seine geneigten „Untertanen“ gerne folgten, zumal die Eventgastronomie „Wunderbar“ Zwiebelmettbrötchen im Angebot hat, die jedoch schon vor Veranstaltungsbeginn ausverkauft sind. Denn Zwiebelmettbrötchen gehören zu Kazim wie Minarette an die Semperoper.

Kazim, von seinen Anhängern regelrecht verehrt, ist zugleich Hassfigur derer, die er in seiner Satire „Mein Kalifat“ aufs Korn nimmt.  Wie der Schriftsteller sein Publikum wissen lässt, „gab es schon mal ein Buch, das mit „Mein Ka…“ anfing. Es ist bis heute das erfolgreichste Sachbuch eines deutschsprachigen Autors. Ich dachte, an diesen Erfolg knüpfe ich an.“ Tatsächlich war Kazim sicher, dass seine Lektorin 2020 den Titelvorschlag in Bausch und Bogen verwerfen würde – doch das war ein Irrglaube. „Sie schrieb zurück: Und als Untertitel schreiben wir: „Ein geheimes Tagebuch, wie ich das Abendland islamisierte und die Deutschen zu besseren Menschen machte“.“ Und so kam es 2021 zu genau dieser Veröffentlichung, die dem Autor nicht nur Applaus einbrachte.

Ich habe viele Jahre aus dem Ausland berichtet“, erzählt Kazim, der unter anderem für das dpa-Südasienbüro in Delhi war und viele Jahre aus Islamabad und Istanbul berichtete. Er wurde 2009 mit dem CNN Journalist Award  ausgezeichnet, erhielt 2015 den Medienpreis „Goldener Kompass“ und erreichte bei der Wahl zum Politikjournalisten des Jahres 2016 des Medium Magazins den dritten Platz. Mit Sachbüchern wie „Plötzlich Pakistan“ und „Krisenstaat Türkei“ machte er sich einen Namen. „Wer da hoffte, ich sei der künftige Peter Scholl-Latour, der kam mit meinem neuen Buch nicht unbedingt klar. Nicht jeder versteht diesen Humor. Aber ich hatte furchtbar viel Spaß beim Schreiben.“

Der Hintergrund seiner Satire: „Ja, wir haben in der Welt ein Problem mit der Islamisierung. Etwa in Pakistan, wo ich familiäre Wurzeln habe. In der Türkei. In Bangladesch. Afghanistan. Aber wo wir kein Problem haben damit, das ist in Dresden. Das zu sagen, ist bekloppt.“ Bezogen ist der Kommentar auf die „Pegida-Bewegung“, der Kazim „einen Grund geben will, zu demonstrieren. Ich fordere vor der Semperoper die Islamisierung Deutschlands“. Und wie es sich für einen Herrscher gehört, gibt es in diesem neuentstehenden Kalifat auch Regeln, die Kazim in Form von Fatwas in seinem Buch niedergeschrieben hat, neben Dialogen, Rezepten und Tagebucheinträgen. Dazu gehört etwa, dass „Des Kaisers neue Kleider“ zum Nationalmärchen erklärt wird und alle Menschen es bis zur vierten Klasse gelesen und verstanden haben müssen.“ Oder „dass Humor Pflichtfach wird. Ein wesentlicher Aspekt des Unterrichts: „Humor ertragen“ – das ist für Rechte und Linke sehr wichtig.“ Abgeschafft werden die Bundesjugendspiele. Vorrangiges Ziel des Kalifen: „Der Kampf gegen die Idiotie.

So viel Klamauk hat natürlich auch ernste Hintergründe: Immer wieder wurde Kazim angefeindet, erhält bis heute Drohungen, oft über die sozialen Netzwerke. „Gewaltandrohungen bringe ich immer zur Anzeige, dagegen gehe ich auch zivilrechtlich vor“, sagt der Autor, der inzwischen in Wien mit seiner Familie und dem neuen Familienmitglied Frau Dr. Bohne, einer Hündin, die seine Bürotätigkeiten leitet, lebt. Der deutsche Staatsbürger, der schmunzelnd erzählt, in der Schule sei er immer der Dunkle der Heiligen drei Könige gewesen, ist – obwohl er nach eigener Aussage „an das Göttliche“ glaubt – aus der Kirche ausgetreten. Was nichts daran ändert, dass ihm heute Menschen vorwerfen, er sei ein verkappter Moslem und die Satire sei nur dazu da, um davon abzulenken, dass er eben sehr wohl das Abendland islamisieren wolle.

Der offiziellen Ausrufung des Orber Kalifats folgten mehrere Auszeichnungen: So wurde etwa Andrea Euler als Organisatorin der Lesung zur „Emirin auf Lebenszeit“ ernannt, ihr Mann Stephan Siemon zum „kalifatischen Pressesprecher“. Was allerdings bis zum Ende der Veranstaltung nach rund zwei Stunden nicht klappen wollte: Dass die Untertanen bei ihren Fragen den korrekten Zusatz: „Möge er stets Zwiebelmettbrötchen in rauen Mengen zur Verfügung haben“ ihrer Frage beifügten. Da gibt es im Orber Kalifat noch Nachbesserungsbedarf…

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