Zahl der Geflüchteten steigt wieder – es fehlt an Wohnraum

Zahl der Geflüchteten steigt wieder – es fehlt an Wohnraum

Main-Kinzig (MKK/fw). Mit einem eindringlichen Appell, leeren Wohnraum in ihrer Stadt beziehungsweise ihrer Gemeinde zu melden, haben sich Landrat Thorsten Stolz, Erste Kreisbeigeordnete Susanne Simmler und Kreisbeigeordneter Winfried Ottmann an die Bürgerinnen und Bürger gewandt. „Die Zahl der Vertriebenen, die bei uns Schutz und Hilfe suchen, in unserer Region, in unserem Land, ist über den Sommer hinweg deutlich angestiegen. Das verlangt dem Landkreis wie auch den Städten und Gemeinden derzeit viel ab. Und wir sind hier nach wie vor stark auf die Unterstützung aus der Bevölkerung angewiesen“, sagt Landrat Thorsten Stolz.

Ukrainehilfe: Main-Kinzig-Kreis bekräftigt Appelle und Bitten der Kommunen

Wer einen Wohnungs-Leerstand melden möchte, kann dies ganz einfach im Rathaus der eigenen Kommune tun. Der Main-Kinzig-Kreis hat darüber hinaus auf seiner Internetseite ein Meldeformular eingerichtet: unter www.mkk.de im Bereich der „Ukrainehilfe MKK“. Der Main-Kinzig-Kreis gibt diese Angebote seit einigen Wochen direkt an die Kommunen weiter.

Zahl der Vertriebenen in den Notunterkünften nimmt massiv zu

Das Land Hessen weist den Landkreisen und kreisfreien Städten nach einem festen Schlüssel wöchentlich Geflüchtete zu. Das sind in großer Zahl Menschen, die aufgrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine ihr Land verlassen haben. Es sind ebenso Menschen anderer Staaten, die durch Krieg und Verfolgung ihre Heimat zurückgelassen haben, darunter Afghanistan und Syrien. „Uns erreichen jede Woche bis zu 150 Menschen und damit deutlich mehr als noch vor einem Vierteljahr prognostiziert“, erklärt Erste Kreisbeigeordnete Susanne Simmler. Das habe in erster Linie mit dem Fortgang des Kriegs in der Ukraine zu tun, der an Brutalität und geografischer Dimension zugenommen habe, und das nun schon über mehr als ein halbes Jahr hinweg. Zum anderen stünden die Möglichkeiten des Familiennachzugs auch den ukrainischen Familien offen, so dass mehr Menschen zu ihren bereits im sicheren Deutschland lebenden Verwandten ziehen. Dies komme zu den in den Spätsommermonaten ohnehin steigenden Flüchtlingszahlen noch hinzu.

Familiennachzug: Mehr Menschen ziehen zu ihren bereits im sicheren Deutschland lebenden Verwandten

Die Erstversorgung, Not-Unterbringung und Betreuung der Menschen aus der Ukraine erfolgt im Main-Kinzig-Kreis nach einem bewährten System. In Notunterkünften erhalten die Geflüchteten alle einen ersten Schlafplatz, Essen, notwendige Lebensmittel für den täglichen Gebrauch, medizinische Versorgung und eine individuelle erste Unterstützung. Nach kurzer Zeit sollten sie wo immer möglich dann dauerhafte Wohnungen beziehungsweise Zimmer in einer Gemeinschaftseinrichtung des Landkreises oder der Städte und Gemeinden beziehen und die nächsten Schritte der Integration gehen: Registrierung, Betreuung beziehungsweise Schulunterricht für die Jüngeren, die Suche nach einem Arbeitsplatz und einiges mehr. Ein Vorgehen in dieser Reihenfolge ist aber stark davon abhängig, dass es genug Wohnplätze für die Weitervermittlung aus den Hallen gibt. Die Rathäuser im Kreisgebiet bitten daher inständig weiter um die Meldung freier Wohnplätze.

Der Main-Kinzig-Kreis unterstützt diesen Appell der Kommunen. „Unsere Städte und Gemeinden leisten hier allesamt unglaublich viel. Sie zapfen sämtliche lokalen Netzwerke an, richten Bestandsgebäude her und errichten Unterkünfte neu, um die Menschen unterzubringen“, erklärt Kreisbeigeordneter Winfried Ottmann. „Auf der anderen Seite wollen wir als Landkreis ihnen auch die zeitlichen Puffer ermöglichen, bis sie zu den vereinbarten Zeitpunkten die Kapazitäten erreicht und genügend Wohnraum gefunden haben.“ Das bedeute, dass die Kapazitäten der Notunterkünfte in den Hallen nicht so ohne Weiteres abgebaut werden könnten, so problematisch das für den Schul- und Vereinssport nachvollziehbar sei. „An den einzelnen Standorten befinden sich zusammengenommen mehrere hundert Vertriebene und seit einigen Tagen nimmt die Gesamtzahl zu und nicht ab.“

Der Landkreis hatte zu Beginn des Monats August aufgrund der neuen Zuweisungszahlen des Landes Hessen eine aktualisierte Verteilerquote für die Kommunen beschlossen, erstmals seit Dezember 2021. Zudem hat der Main-Kinzig-Kreis seit Beginn des Krieges mehrere eigene zusätzliche Gemeinschaftsunterkünfte ans Netz gebracht und zum Teil langfristig angemietet. Weitere Liegenschaften werden derzeit akquiriert. Zudem kann es aus Sicht der Kreisspitze notwendig sein, kurzfristig durch das Aufstellen von Leichtbauhallen auf geeigneten Flächen für zusätzliche Kapazitäten zu sorgen. „Wenn es die Situation erfordert, werden wir auch diesen Schritt gehen, auch wenn er unserem Grundverständnis einer angemessenen Unterkunft für Geflüchtete nicht in vollem Maß entspricht“, betont Erste Kreisbeigeordnete Susanne Simmler und macht damit deutlich, wie angespannt sich die Aufnahme-Situation für den Landkreis darstellt.

Die Schlafplätze in der Turnhalle an der Haupt- und Realschule in Birstein hat der Main-Kinzig-Kreis daher vorsorglich während der Sommerferien nicht abgebaut, in enger Abstimmung mit der Gemeinde Birstein und der örtlichen Schulleitung. Es ist die Halle, die kreisweit im Moment die höchste Kapazität an möglichen Schlafplätzen hat. Sie verharrt im Stand-by-Modus als möglicher Puffer, um die weitere Vermittlung der Menschen in die Städte und Gemeinden gegebenenfalls zu entlasten und vor allem, um die weitere Entwicklung der Flüchtlingszahlen abzuwarten. Eine aktive Zuteilung in die Birsteiner Halle hat in den vergangenen Wochen nicht mehr stattgefunden. Das kann sich jedoch in Kürze wieder ändern, wie die Kreisspitze anmerkt.

Die Situation ist in diesem dritten Quartal des Jahres äußerst dynamisch. Vor allem ist sie sehr tragisch, wenn man die Gründe in den Blick nimmt, warum sich so viele Menschen in diesen Wochen auf die Flucht begeben“, erklärt Landrat Thorsten Stolz. „Wir können als Landkreis und im Verbund mit den Kommunen, angesichts so vieler Unwägbarkeiten, im Moment nur eines tun: Wohnraum suchen, Wohnraum schaffen, Notunterkunftsplätze auf hohem Niveau halten und neue, alternative Notunterkünfte vorbereiten. All das prägt im Moment auf kommunaler Ebene unser Tagesgeschäft. Und wer durch freie Wohnungen mithelfen kann, diese Aufgabe zu meistern, der melde sich bitte dringend.“

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