Prof. G. Trabert faszinierte in Bad Orb

Prof. G. Trabert faszinierte in Bad Orb

Bad Orb / Wächtersbach (ae). Für Menschlichkeit gibt es keine Alternative.“ So steht es in großen Buchstaben auf der Leinwand, die neben Prof. Dr. Gerhard Trabert auf der Bühne im Gartensaal der Bad Orber Konzerthalle aufgestellt ist. Es ist Freitagabend, es ist warm. Und es ist der „Welttag der humanitären Hilfe.“ Es versammeln sich mehr als 70 Personen, um dem engagierten Mediziner zuzuhören, wie er aus seinen Büchern vorliest und von seinen Erlebnissen berichtet, die ihn auf das Mittelmeer, aber auch nach Libyen, Afghanistan, die Türkei und die Ukraine bringen.

Auftakt zur Lesereihe „Bad Orb er-lesen“

Viel lässt sich sagen über Gerhard Trabert. Einiges davon erwähnt Stephan Siemon in seiner Begrüßung. Als „Armen-Doc“ wird Trabert bezeichnet. Einer bundesweiten Öffentlichkeit wurde er spätestens bekannt, seit er gegen Frank-Walter Steinmeier bei der Wahl zum Bundespräsidenten antrat. Er verlor – aber mit einem weit besseren Ergebnis, als erwartet werden durfte. Seither nennt man ihn auch den „Bundespräsident des Herzens.“ Wer verstehen möchte, was Trabert bewegt, was ihn treibt, der kann sich mit dem Verein „Armut und Gesundheit in Deutschland“ beschäftigen, dem Trabert vorsteht.

„Es geht nicht um Charity – Es geht um Human Rights!“

Ermöglicht wurde dieser Auftakt zu einer neunteiligen Lesereihe von der Kooperation aus der Wächtersbacher Altstadt-Buchhandlung Dichtung & Wahrheit und der Bad Orb Kur GmbH. Finanzielle Unterstützung kam von einer Anerkennungsprämie aus dem Programm „Neustart Kultur“ und dem Kulturetat des Main-Kinzig-Kreises.

Es geht bei meinem Engagement immer darum, den Menschen eine Stimme zu geben. Ich sehe mich da als Türöffner, als Sprachrohr. Es geht um die Menschen, um die Sensibilität für jeden einzelnen Menschen“, eröffnet Trabert seinen knapp zweistündigen Vortrag. Wichtig ist dem Humanisten zudem „sich klar gegen Rechts, gegen Rassismus, Rechtspopulismus zu platzieren. Denn der nimmt zu in unserer Gesellschaft.

Der engagierte Arzt räumt ein, nie geglaubt zu haben, dass er selbst zu Lebzeiten einen Krieg in Europa erleben müsse. „Einem Despoten kann man leider nicht mit Worten kommen. Man muss ihm mit Militär begegnen, denn es sind immer die Zivilisten, die sterben“, räumt Trabert mit Bedauern ein. Der Kriegsdienstverweigerer, der sich lange als Pazifist betrachtete, spricht diesbezüglich von einer „schmerzhaften Erfahrung“, betont aber zugleich: „Ich wünsche mir schwere Waffen zur Bekämpfung von Armut, von sozialer Ungerechtigkeit. Denn wenn Menschen sich nicht mehr wahrgenommen fühlen, werden sie anfällig für Rechtspopulismus. Ich hoffe, dass die Entscheidungsträger erkennen, dass es nicht nur um Humanität geht, sondern auch um die Sicherung unserer Demokratie.“

Trabert kann aus den Krisengebieten der Welt aus erster Hand berichten: Er war während des Jugoslawienkonflikts in Slowenien, er war in Afghanistan, im Libanon. Im Irak sorgte er dafür, dass ein fünfjähriges Mädchen an die Organisation „Save the children“ übergeben werden durfte. Und einen Geflüchteten aus Syrien, der in der Türkei mit einem Hodenkarzinom und Lungenmetastasen auf der Straße lebte, holte er mit der finanziellen Unterstützung zahlreicher Menschen nach Deutschland.

Es nimmt immer mehr zu in Kriegsregionen, dass man den Gegner demütigen will, indem man systematisch Frauen vergewaltigt“, hat er beobachtet. Und er kann nur den Kopf schütteln, wenn Menschen sich darüber aufregen, dass schwangere Frauen über das Mittelmeer fliehen. „Da muss man mal fragen, warum sie schwanger sind. Sie sind nicht schwanger gestartet. Fast immer wurden sie vergewaltigt. Das wird viel zu selten reflektiert.“ Trabert beklagt zudem das „Wegschauen in Deutschland vor der Not.“ Beispielweise bezüglich der Bedingungen in den Flüchtlingscamps. „Wegschauen ist der Beginn einer absolut unsäglichen Entwicklung“, so der engagierte Professor für Sozialmedizin und Sozialpsychiatrie. „Und wir schauen wieder zu viel weg vor der Situation geflüchteter Menschen, vor der Armut der Menschen. Das darf nicht mehr vorkommen. Wir dürfen nie mehr wegschauen, wenn es um soziale Ungerechtigkeit geht.

Klare Vorwürfe richtet Trabert mit Blick auf die Zustände auf dem Mittelmeer und etwa in den Lagern auf Lesbos und in Moria an den „Friedensnobelpreisträger Europa“. Er ruft in Erinnerung, was Nelson Mandela formulierte: „Es geht nicht um Charity. Es geht um human rights.“ Und betont: „Es gibt verbriefte Rechte eines jeden Menschen. Und diese Menschen haben das Recht, dass wir sie unterstützen.“ Zugleich sei diese Unterstützung auch ein Selbstschutz: „Unsere Demokratie definiert sich sehr stark über die Einhaltung der Menschenrechte“, betont der Autor. Für Trabert steht fest: „Man kann häufig etwas tun. Es braucht dafür Initiative. Aber es ist phantastisch, wenn man helfen kann.“ Seinen Respekt zollt er all den engagierten Besucherinnen und Besuchern im Publikum, die mit ihm in der Pause ins Gespräch kommen.

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