„Ein sehr wichtiges Gespräch“

„Ein sehr wichtiges Gespräch“

Fulda, Iwano-Frankiwsk (cif). Gut zwei Stunden hatte man am Ende via Bildschirmen zusammengesessen – der Kern der Bistums-Arbeitsgruppe zur Hilfe für die Menschen in und aus der Ukraine, zu dem u.a. Weihbischof Prof. Dr. Karlheinz Diez, Generalvikar Christof Steinert, Diözesan-Caritasdirktor Dr. Markus Juch sowie der Geschäftsführer des Malteser Hilfsdienstes, Thomas Peffermann gehören, sowie von der Caritas Iwano-Frankiwsk der Caritasdirektor Wolodymyr Chornij und die Geschäftsführerin Natalyja Kozakevych, die mit ihrem Verband seit 2009 mit der Diözesan-Caritas Fulda in einer engen Partnerschaft verbunden sind.

Vertreterinnen und Vertreter der Ukraine-Hilfs-AG des Bistums und der Caritas Iwano-Frankiwsk tauschten sich online über die aktuelle Lage aus

Die verabredete Gesprächsrunde, die von einer Dolmetscherin und einem Dolmetscher begleitet wurde, war insofern ein Experiment, da jedes Statement, jede Frage und jede Antwort wechselseitig ins Deutsche bzw. ins Ukrainische übersetzt werden mussten. Dennoch lief der Austausch intensiv, sehr konzentriert und brachte für beide Seiten wichtige Informationen und Erkenntnisse.

Zunächst stellte Caritasdirektor Chornij kurz die augenblickliche „Großwetterlage“ in der Ukraine dar. Es gäbe keinen sicheren Ort mehr im Lande, resümierte er. Die Russen zielten nach seinem Ermessen auf eine systematische Zerstörung der Infrastruktur im ganzen Lande ab. Dementsprechend groß sei die Zerstörung und auch die Verunsicherung bei der Bevölkerung, von der als unmittelbar von den Kriegshandlungen betroffen ein Großteil auf der Flucht sei.

Geschäftsführerin Kozakevych legte anschließend die konkrete Situation in Iwano-Frankiwsk dar und erläuterte die Arbeit der dortigen Caritas: Im Bezirk Iwano-Frankiwsk – die Stadt selbst hat ungefähr 230.000 Einwohner – seien 140.000 Flüchtlinge registriert, davon allein 46.000 Kinder. Auch zahlreiche Menschen mit Handicap seien unter diesen Flüchtlingen, die besonderer Unterstützung bedürfen. Neben psychischer Betreuung der Flüchtlinge – viele wurden durch ihre Kriegserlebnisse traumatisiert – sei anfangs vor allem die Erfassung und Grundversorgung der Flüchtlinge das Wichtigste gewesen: „Die meisten dieser Menschen kamen mit kleinen Köfferchen oder gar keinem Gepäck„, berichtete Natalyja Kozakevych. „Alle konnten sich zu Beginn des Konfliktes nicht vorstellen, dass sie für Monate ihr Haus verließen, und so nahm man kaum etwas mit. Dementsprechend fehlte es allen an Kleidung, Wäsche, Hygieneartikeln, um nur einiges zu nennen. Allein die Versorgung der vielen Flüchtlinge mit Nahrung war zunächst eine große logistische Herausforderung!

Inzwischen, so der weitere Bericht von Geschäftsführerin Natalyja, stehe die nötige Infrastruktur. Suppenküchen ermöglichen es jetzt, eine große Zahl von Menschen zu versorgen. Psychologen stehen für nötige Gespräche bereit, Juristen der Caritas helfen, die nötigen administrativen Schritte zu unternehmen, um als Flüchtlinge registriert zu werden und die notwendigen Ersatzpapiere zu erhalten, wenn etwa Pass und Geburtsurkunde im Kriegsgebiet zurückgeblieben sind.

Neue wichtige Aufgaben, die sich jetzt für uns herauskristallisiert haben, ist zum einen die Arbeit mit den Flüchtlingskindern – sie müssen Struktur und wieder ein Gefühl von Sicherheit
und Verlässlichkeit errhalten. Und zum anderen müssen wir jetzt für die Binnenflüchtlinge, die
länger in Iwano-Frankiwsk bleiben, neue Unterkünfte finden
„, erläuterte die Geschäftsführerin
abschließend. Denn viele der Flüchtlingsfamilien seien in Turnhallen und Schulräumen
untergebracht, doch diese Räumlichkeiten müssten demnächst für den Schuljahresstart wieder
geräumt und freigegeben sein. Insofern müsse man freien Wohnraum anmieten.

Auf die Frage von Generalvikar Steinert hin, wie die Fuldaer Hilfskoalition des Bistums zum jetzigen Augenblick in Iwano-Frankiwsk konkret weiterhelfen könne, nannte Natalyja Kosakevych zwei Punkte „Wir können finanzielle Unterstützung gut gebrauchen, um die Miete für die nötigen Flüchtlingsunterkünfte bezahlen zu können, denn die Sparguthaben vieler Geflüchteter sind längt aufgebraucht, sie benötigen mehr Hilfe denn je. Ein weiterer Punkt: Wir würden gerne den Flüchtlingskindern – wie zuvor auch schon immer den Kindern aus den bedürftigen Familien in Iwano-Frankiwsk – mit gut ausgestatteten Schultaschen den Start in das neue Schuljahr versüßen. Wenn wir dabei Hilfe aus Fulda erhielten, wäre das ein großartiger Freundschaftsdienst im Rahmen unserer Caritas-Partnerschaft!

Zum Ende des Gespräches dankten die Fuldaer für die Informationen und kündigten an, weitere konkrete Schritte für Hilfsmaßnahmen zu planen. Caritasdirektor Juch bedankte sich bei den Partnern in Iwano-Frankiwsk, dass sie sich die Zeit für die virtuelle Gesprächsrunde genommen hatten, und regte an, diese Form des digitalen Austausches in absehbarer Zeit zu
wiederholen, um den Informationsfluss zwischen den Partnern in Fulda und Iwano-Frankiwsk
sicher zu stellen.

Zweckgebundene Ukraine-Spenden weiterhin dringend benötigt

Zweckgebundene Ukraine-Spenden sind weiterhin möglich unter dem Stichwort „Ukraine-Krieg Nothilfe“, Spendenkonto des Caritasverbandes für die Diözese Fulda bei der Sparkasse Fulda, IBAN DE64 5305 0180 0000 0002 20. Auch Online-Spenden ist möglich: Auf www.caritas-fulda.de besteht dazu ein Direktlink. Herzlichen Dank!

Zum Bild (Bistum Fulda): Screenshot aus der Videokonferenz mit Weihbischof Diez (oben Mitte), GV Steinert (Mitte links), Caritasdirektor Juch (Mitte rechts) sowie den ukrainischen Vertretern (untere Reihe).

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