„Was ist das beste Angebot für Wächtersbacher Familien“?

„Was ist das beste Angebot für Wächtersbacher Familien“?

Wächtersbach (G/eb). Grüne Wächtersbach nehmen Stellung zur politischen Arbeit in den Ausschüssen am Beispiel der aktuell diskutierten Naturpädagogik. Die Stellungnahme im Wortlaut: „Recht vielen Wächtersbachern dürfte der einst im Wahlkampf gemachte Vorstoß der Freien Wächter zum Thema Waldkindergarten noch in Erinnerung sein. Insofern war es kein neuer Impuls, als die SPD diese Idee im Herbst letzten Jahres dann in einen Antrag goss.“

Aus diesem Antrag ging jedoch nicht hervor, ob die SPD lieber einen Waldkindergarten realisiert sehen möchte oder eine Waldgruppe konzipieren will. Beides hatte sie im Antrag genannt. Der Stadtverordnete Norbert Döppenschmitt hielt damals ein leidenschaftliches Plädoyer für eine naturnahe Erziehung der Kleinen und der ganz Kleinen – auch zur Entlastung berufstätiger Eltern. Und genau an diesem Punkt unterscheiden sich Waldkindergarten und Waldgruppe. Beide sehen die tägliche Kinderbetreuung in der freien Natur vor. Wohl gemerkt bei (fast) jedem Wetter, Sommers wie Winters.

Ein entscheidender Unterschied liegt in der Betreuungszeit, die den Eltern angeboten werden kann: Der Waldkindergarten beschränkt sich mehr oder weniger nur auf den Vormittag. Der Waldkindergarten ist also etwas für Eltern, die es sich leisten können, nicht voll berufstätig zu sein.

Die Waldgruppe dagegen ist angesiedelt an einen bestehenden „normalen“ Kindergarten und kann deshalb bei Bedarf auch am Nachmittag noch Betreuung anbieten. Letzteres ist also für Eltern geeignet, die einen höheren Betreuungsbedarf haben, zum Beispiel weil sie arbeiten müssen. Die Stadtverordneten beschlossen dann eine intensivere Beratung im entsprechenden Ausschuss, damit geklärt werden kann, was das beste Angebot für Wächtersbacher Familien ist.

Engagierte Eltern nutzten die gewonnene Zeit, um deutlich zu machen, was ihnen wichtig ist. Sie sprachen mit Vertretern aller Parteien und setzten sich für eine naturnahe Betreuung ein. Engagierte Stadtverordnete nutzten die gewonnene Zeit, um sich intensiv mit dem Thema auseinander zu setzen. „Umso bedauerlicher ist es deshalb, dass der Ausschussvorsitzende, zu dessen Aufgaben u.a. die Einberufung von Ausschusssitzungen gehört (und der der SPD angehört), über Monate hinweg eben keine Sitzung einberief. Stattdessen beklagte die SPD kurz vor Weihnachten, das Thema sei unter „fadenscheinigen“ Gründen in den Ausschuss verwiesen worden“, bemerkt Eva Bonin für die Grünen.

Tatsächlich schien es erst den Antrag von Freien Wächtern, CDU und Grünen im Januar 2022 zu brauchen, endlich eine Sitzung einzuberufen, damit der Ausschuss auch wirklich tagen konnte.

Die lokale Berichterstattung empfand es nun als Wortklauberei, dass sich die Mitglieder des Ausschusses genau überlegten, ob es sich die Stadt wirklich leisten kann, im Zweifel beide Formate zu realisieren. Das wirft ein ungünstiges Bild auf die Arbeit im Ausschuss. „Aus unserer Sicht ist der Ausschuss genau der Ort, wo intensive Vorberatungen für die Stadtverordnetenversammlung stattfinden, wo öffentlich und transparent diskutiert wird und nach der besten Lösung gesucht wird. Und da kommt es manchmal tatsächlich auf ein bestimmtes Wort an“, stellt Bonin klar.

„Die Berichterstattung hat auch einen gnädigen Mantel des Schweigens über die offenkundige Tatsache gelegt, dass die Mitglieder der SPD jetzt im Sozialausschuss ähnlich wie zuletzt im Umweltausschuss inhaltlich nicht wirklich gut vorbereitet waren.“, meint Martina Mühlstädt und weiter: „Was mich aber wirklich schockiert hat, ist die Aussage die Frau Feigl (SPD) machte: Sie stellte als Sozialdemokratin klar, dass die Waldkita für sie ein Muss sei, weil es sich hierbei um den (Zitat:) ´Mercedes der Betreuung handelt, für die Eltern, die sich das leisten können und wollen`. Wir Grünen halten diese Familienpolitik aber für völlig fehlgeleitet.“ so Mühlstädt für die Grüne Fraktion.

Aus Sicht der Grünen ist es darüber hinaus auch bedauerlich, dass nicht offen kommuniziert wurde, dass eine sachkundige Bürgerin, die im Ausschuss zum Thema sprach, eng verwandt ist mit einem SPD-Ausschussmitglied. Auch so erweist man der parlamentarischen Arbeit einen Bärendienst.

Die Grünen indes befürworten die naturnahe Kinderbetreuung unbedingt. Aus ihrer Sicht spricht sehr viel für eine integrierte Waldgruppe.

Die Vorteile liegen für sie auf der Hand. Wald- und Naturpädagogik wirkt sich positiv auf die kindliche Entwicklung aus. Genannt seien hier beispielhaft die kindliche Fantasie, Empathie und die motorische Entwicklung. Der ständige Aufenthalt in der Natur hat darüber hinaus eine immunsystemstärkende Wirkung – Krankheiten und Allergien gehen nachweislich zurück. Wenn es eine Ganztagsbetreuung gibt, steht die Option einer Betreuung in der Natur auch den berufstätigen Eltern offen. Auch die sehr gute Vernetzung und Kooperation der Wächtersbacher Kindergärten mit den Grundschulen bezüglich der Schulvorbereitung wären gewährleistet.

Auch ein reiner Waldkindergarten hat aus entwicklungspsychologischer Sicht durchaus Vorteile. Ein Blick nach Gelnhausen zeigt, dass dort seit 25 Jahren sehr erfolgreich Waldpädagogik stattfindet, für einige Kinder sogar bis 15:00 Uhr und auch für Kinder unter drei Jahren. Die Kinder gehen dann nach einigen Stunden in der Natur nach Hause und nicht mehr in eine „Sammelgruppe“ in der Kita im Ort.

„Im Vorfeld des Ausschusses gab es unterschiedliche Aussagen zum tatsächlichen Bedarf und dem besten Ort für eine Waldbetreuung; manchen Eltern war es wichtig, dass die Gruppe im Bereich der Innenstadt realisiert wird, so dass die Kinder später auch in der Schule zusammenbleiben können. Im Augenblick ist der reale Bedarf an Kindergartenplätzen gedeckt. Wächtersbach bietet sogar ein paar Kindern aus anderen Kommunen einen Platz. Eine Bedarfsanalyse vorab ist deshalb zwingend erforderlich“, sagt Martina Mühlstädt.

Auch die Kosten müssen aus Grüner Sicht noch ermittelt werden. Käme die Kostenanalyse zu einem nahezu vergleichbaren Ergebnis für die beiden Optionen „Waldkindergarten“ und „Waldgruppe“, wäre gewissenhaft zu prüfen, ob man die Gelder in eine Waldkita für einige privilegierte Kinder investieren kann oder ob die Investition nicht eher in eine integrierte Waldgruppe fließen sollte, mit der Möglichkeit der theoretischen Nutzung für alle Wächtersbacher Kinder.

Es ist richtig und wichtig, beide Optionen zu prüfen. Insofern war es auch richtig, die Beschlussvorlage gewissenhaft zu formulieren. Es bleibt zu hoffen, dass in Zukunft auch die SPD die Arbeit im Ausschuss nutzt und anerkennt“, so Bonin für die Grünen abschließend.

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