Eine Vergewaltigung ist kein Grund, sich zu schämen

Eine Vergewaltigung ist kein Grund, sich zu schämen

Main-Kinzig (MKK/jkm). „Gehen Sie zum Arzt – und nicht zum Alltag über“, so die Botschaft einer öffentlichen Plakataktion für von Vergewaltigung betroffene Menschen, die in den nächsten Tagen im Main-Kinzig-Kreis und der Stadt Hanau beginnt. Ziel der Plakataktion, die vom Hessischen Sozialministerium in Kooperation mit dem Frauennotruf Frankfurt finanziert wird, ist es, Betroffene niedrigschwellig aufmerksam zu machen und zu ermutigen, Hilfe in der Notlage anzunehmen.

Die meisten Vergewaltigungen werden nicht angezeigt. Es ist traurige Realität, dass Opfer aus Angst vor einer Anzeige häufig keine notwendige medizinische Versorgung und psychologische Nachbetreuung suchen, da sie das traumatische Ereignis für sich behalten. „Wir stellen die medizinische Versorgung und Unterstützung zur Bewältigung der Tat in den Vordergrund“, erklären Erste Kreisbeigeordnete Susanne Simmler und Oberbürgermeister Claus Kaminsky. „Jede und jeder soll sich ernst genommen fühlen, und zwar in der individuellen Lage, auf Wunsch anonym, ohne Angst vor einer zwingenden Anzeige.“ Dafür sind die örtlichen Krankenhäuser – die Main-Kinzig-Kliniken Gelnhausen, das Klinikum Hanau und das St. Vincenz Krankenhaus Hanau rund um die Uhr erste Anlaufstelle.

Plakataktion zum Projekt „Medizinische Soforthilfe“ informiert über die wohnortnahe, vertrauliche Versorgung von betroffenen Frauen und Männern

„Das Projekt ,Medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung‘ existiert bereits erfolgreich seit 2015 in unserer Region, dank der Beratungsstelle Frauennotruf in Frankfurt. Dort hat das Projekt seine Wurzeln und wir durften von den Erfahrungen profitieren sowie die Materialien übernehmen“, erläutern Simmler und Kaminsky.

Sexuelle Übergriffe durch Partner, Bekanntschaften oder im Familienumfeld erschweren vielen Frauen in besonderem Maße, sich anderen anzuvertrauen. Nicht selten wird gerade hier die Situation verharmlost oder falsch eingeschätzt. Ungefähr 90 Prozent der Täter kommen aus dem direkten Umfeld der Betroffenen.

Die Einschätzung, dass es sich tatsächlich um eine „Vergewaltigung“ handelt, wird von den Opfern nicht immer als solche wahrgenommen

Die Einschätzung, dass es sich tatsächlich um eine „Vergewaltigung“ handelt, wird von den Opfern nicht immer als solche wahrgenommen, so die Erfahrungen der Fachleute in Beratungsstellen. Nach Übergriffen mit K.O.-Tropfen wissen manche Frauen gar nicht, ob eine Vergewaltigung stattgefunden hat. Auch hier sollten sie immer an die entsprechende vertrauliche Spurensicherung und Möglichkeit, sich ärztlich versorgen zu lassen denken.

„Vertraulich“ bedeutet: Eine Anzeige erfolgt nicht, weder durch ein Krankenhaus, noch durch eine Praxis oder die Polizei. Darüber entscheidet ganz allein die betroffene Person, auch zu einem späteren Zeitpunkt. Im Vordergrund stehen eine sofortige sensible medizinische Versorgung, auf Wunsch auch anonym, das Angebot einer vorsorglichen Beweissicherung und der Zugang zu örtlichen Beratungsstellen für die weitere psychologische Begleitung. Somit besteht für Betroffene die Möglichkeit, ganz in Ruhe über weitere Schritte zu entscheiden, erläutern Grit Ciani und Cornelia Gasche, die Koordinatorinnen des Referates für Frauenfragen und Chancengleichheit beim Main-Kinzig-Kreis und des Frauenbüros der Stadt Hanau.

Besonders in der gegenwärtig angespannten Lage durch die Corona-Pandemie sei anzunehmen, dass Opfer größere Scheu haben, eine Notaufnahme aufzusuchen, was aber unbegründet ist. Die zentralen Notaufnahmen, Pflegekräfte und gynäkologischen Fachabteilungen sind gut geschult.

„Opfer haben größere Scheu, eine Notaufnahme aufzusuchen, was aber unbegründet ist“

Die Informationskampagne auf großen Plakatwänden im öffentlichen Raum soll das Thema in den nächsten Wochen erneut in den Blick rücken. Bereits im Sommer dieses Jahres gab es eine solche Kampagne in Bussen des öffentlichen Nahverkehrs.

Nähere Informationen und Tipps für betroffene Frauen und Männer, Angehörige und Fachkräfte gibt es unter www.soforthilfe-nach-vergewaltigung.de

Fragen rund um das Projekt beantworten:

Das Referat für Frauenfragen und Chancengleichheit, www.mkk.de 

Telefon (06051) 8512316 frauenbuero@mkk.de

Das Frauenbüro Hanau www.hanau.de 

Telefon (06181) 295-467 frauenbuero@hanau.de

An folgende Kliniken können sich Betroffene wenden:

Main-Kinzig-Kliniken Gelnhausen

Organisationsbüro Telefon (06051) 87 2353 oder auf Station B 3.1: Telefon (06051) 872383 Danach in der Ambulanz der Frauenklinik melden bzw. nach 17 Uhr und am Wochenende in der Station B3.1, beides im Gebäude B, 3. Stock

Klinikum Hanau

Gynäkologischen Ambulanz, Telefon (06181) 296-2632 Dort ist auch abends/nachts und am Wochenende durch die Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe eine vollständige gynäkologische Notfallversorgung gewährleistet.

St. Vinzenz Krankenhaus

Montag bis Donnerstag von 8 bis 16 Uhr und Freitag von 8 bis 13 Uhr können sich die Frauen im Sekretariat Gynäkologie, Telefon (06181) 272-371 melden oder zu allen anderen Zeiten über die Zentrale Notaufnahme, Telefon (06181) 272-340 oder -315 Kontakt aufnehmen.

Zum Bild: Eine Vergewaltigung ist kein Grund, sich zu schämen, sondern sich helfen zu lassen. Auf diese wichtige Botschaft macht eine Plakataktion zum Projekt „Medizinische Soforthilfe“ aufmerksam. Unser Bild zeigt (von links): Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky, Cornelia Gasche (Frauenbüro Stadt Hanau), Erste Kreisbeigeordnete Susanne Simmler und  Grit Ciani (Referat für Frauenfragen und Chancengleichheit beim Main-Kinzig-Kreis).

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