Simmler: „Die Situation spitzt sich zu“

Simmler: „Die Situation spitzt sich zu“

Main-Kinzig (MKK/fw). Das Infektionsgeschehen hat sich bundes- und landesweit in den vergangenen Wochen wieder deutlich verstärkt, so auch im Main-Kinzig-Kreis. Gesundheitsdezernentin Susanne Simmler zeigt sich besorgt, gerade mit Blick auf das Krankenhauswesen und auf diejenigen, die nicht oder noch nicht geimpft werden können.

Inzidenz liegt bei164

Frau Simmler, der Inzidenzwert für den Main-Kinzig-Kreis liegt seit geraumer Zeit wieder über der Marke von 100, mittlerweile über 150. Ist mit politischen Auflagen seitens des Kreises zu rechnen?

Susanne Simmler: „Das Heft des Handelns liegt nicht bei den Landkreisen, sondern ganz wesentlich bei den Bundesländern. Und wenn man sich die bisherige Verordnungslage in Hessen genauer angeschaut hat, dann hat streng genommen sogar die Grundlage für umfassende Maßnahmen bis zuletzt gefehlt. Damit ich nicht falsch verstanden werde: Ich finde das derzeitige Infektionsgeschehen wirklich besorgniserregend, zumal wir uns in Hessen und weit darüber hinaus noch im steilen Anstieg eines exponentiellen Wachstums befinden. Aber die Grundlage bildet seit Mitte September eben nicht mehr die Sieben-Tages-Inzidenz, sondern die Hospitalisierungsinzidenz. Es geht um die Einweisungszahlen auf die Intensivstationen und die Auslastung. Und da hat das Land Hessen Maßnahmen ab der Stufe 1 angekündigt, bei einem Wert von 8. Wir lagen bis in diese Woche hinein noch hessenweit unter 4. Die Auslastungsschwelle von 200 belegten Intensivbetten könnte aber schon in Kürze erreicht werden.“

Corona: Gesundheitsdezernentin Simmler über die derzeitige Situation und die Schutzmaßnahmen für Kinder und Hochaltrige

Wie ist denn die Situation auf den Intensivstationen der hiesigen vier Krankenhäuser?

Simmler: „Die Zahl der Intensivpatienten im Kreisgebiet hatte sich in den vergangenen Wochen wenig bewegt. Sie lag bei etwa fünf, sechs Patientinnen und Patienten. Das hat sich in den vergangenen Tagen deutlich verändert. In dieser Woche sind es schon 13 Frauen und Männer auf den Intensivstationen. In den Krankenhäusern wurden insgesamt zuletzt wieder deutlich mehr Menschen mit Covid-19 behandelt, am Mittwoch waren es 37 nach 27 in der Vorwoche. Inwiefern sich dieser Anstieg in den nächsten Tagen auf die Intensivstationen auswirkt, bleibt abzuwarten, aber die Situation spitzt sich schon zu. Wichtig ist aber im Hinterkopf zu behalten, dass es bei der maßgeblichen Hospitalisierungsinzidenz um den Wert für ganz Hessen geht. Kurzfristige Bewegungen auf regionaler Ebene oder in unseren Spitälern haben erst einmal keinen Einfluss auf mögliche Schutzmaßnahmen.“

Welche Maßnahmen wären derzeit denn aus Ihrer Sicht angezeigt?

Simmler: „Für die wichtigste Maßnahme, die nichts kostet und wenig erfordert, können die allermeisten Bürgerinnen und Bürger selbst sorgen: sich impfen lassen. Es gibt unzählige Möglichkeiten dazu, beim Hausarzt, in unseren Dein-Pflaster-Impfstellen oder bei einer der zahlreichen Impfaktionen. Diese Option haben auch Minderjährige ab zwölf Jahren. Bei Kindern und Jugendlichen liegt die Impfquote aber niedriger als bei Erwachsenen, zumal auch mindestens ein Elternteil zustimmen muss. Deshalb bin ich der Meinung, dass man dem Infektionsgeschehen bei jungen Menschen nicht tatenlos zusehen darf und der Fokus der Schutzmaßnahmen nicht nur auf den älteren Jahrgängen liegen darf. Vor allem vor dem Hintergrund, dass wir Kindern nicht länger in großem Umfang Bildung und Betreuung in Präsenz entziehen dürfen, wenn es einzelne Coronafälle gibt. Der Main-Kinzig-Kreis und die Stadt Hanau haben sich damit in dieser Woche auch an das Land Hessen gewandt.“

Was schlagen Sie denn bei den jüngeren Generationen vor?

Simmler: „Zunächst einmal ist es uns ein Anliegen, dass ganz gleich welche Maßnahmen getroffen werden, sie weitestgehend landeseinheitlich sind. Keine Maßnahmen-Flickschusterei mehr. Dazu ist das Infektionsgeschehen auch zu heterogen und diffus im ganzen Land. Konkret für Schülerinnen und Schüler sehen wir den positiven Nutzen der Präventionswochen und der Maskenpflicht. Wenn wir weiter engmaschig testen und das Übertragungsrisiko durch Mund-Nasen-Bedeckungen so gering wie möglich halten, schaffen wir eine wichtige Grundlage, weiterhin Unterricht für möglichst viele junge Menschen zu gewährleisten. Auch im Falle von Infektionen in den Schulklassen. In Kitas und Schulen müssen wir immer dann viele Kinder und Jugendliche häuslich isolieren, wenn es klassen- und gruppengemischtes Arbeiten gegeben hat. In einzelnen Fällen hat der Main-Kinzig-Kreis in der jüngsten Vergangenheit sogar schon dreistellige Zahlen an Absonderungsbescheiden verschickt – nur aufgrund eines positiven Falls. Eine Kohortierung in möglichst kleinen definierten Gruppen und Lerngruppen würde das hingegen nicht nötig machen. Insofern fordern wir mehr Vorsicht bei den geplanten Öffnungs- und Lockerungsschritten in Kitas und Schulen in der Winterzeit.“

Wie sieht es mit dem Schutz der Älteren aus, wer bietet denn den Bewohnerinnen und Bewohnern von Altenheimen eine mögliche Auffrischungsimpfung an?

Simmler: „Die meisten Einrichtungen im Kreisgebiet organisieren das selbst und in Kooperation mit Hausarztpraxen. Der Main-Kinzig-Kreis hat schon im Spätsommer seine Unterstützung durch medizinische Teams aus den Impfzentren beziehungsweise den Dein-Pflaster-Impfstellen angeboten. Konkret angefordert wurden wir aber nur in wenigen Fällen. Wir haben das Angebot auch erneuert, es steht noch und wir sind auch derzeit in einigen Häusern unterwegs. Aber wie gesagt: Die Mehrzahl der Einrichtungen haben überwiegend selbst Lösungen gefunden.“

Sollten nicht alle Zugang zu Booster-Impfungen haben?

Simmler: „Ich finde schon, dass das viel mehr Menschen zugänglich sein sollte. Ich glaube auch, dass wir an den Punkt schon sehr schnell gelangen, an dem es für dieses Angebot eine viel breitere Empfehlung der Ständigen Impfkommission gibt als das derzeit der Fall ist. Wir folgen aber sowohl in den Impfstellen als auch bei unseren mobilen Impfaktionen den Stiko-Maßgaben.“

Wie hoch ist denn die Impfquote im Main-Kinzig-Kreis?

Simmler: „Wir haben zu keiner Zeit der laufenden Impfkampagne aufgeschlüsselte Daten zur Verfügung gehabt, wie hoch der Anteil der Geimpften in unserem Landkreis ist. Das haben wir auch immer wieder moniert, im Einklang mit anderen Kreisen und kreisfreien Städten, allerdings ergebnislos. Wir können absolute Zahlen nennen, wie viele Bürgerinnen und Bürger in den Impfzentren geimpft worden sind und wie viele Impfdosen in unseren Dein-Pflaster-Impfstellen verabreicht wurden. Wir erhalten zeitversetzt auch Datenmaterial vom Land Hessen, wie viele Impfdosen insgesamt in Hessens Landkreises verimpft worden sind. Aber wir haben keinen direkten Zugang zur Datenbank, in denen auch die Meldungen aus den Hausarzt- und Betriebsarztpraxen eingehen. Und wir können auch nichts über die Impfquote sagen, geschweige denn den Stand der Booster-Impfungen benennen. Was wir aber unter anderem klar erkennen, in der altersgestaffelten Sieben-Tages-Inzidenz für unseren Kreis, sind deutlich gesunkene Werte bei den Hochaltrigen seit Beginn der Impfkampagne und damit auch weniger Todesfälle. Impfen schützt und hat viele Menschenleben gerettet. Deshalb ist es wichtig, weiter für diesen Schutz zu werben.“

Corona-Dashboard liefert tagesaktuell Zahlen und Werte: Aktuelle Zahlen zum Infektionsgeschehen im Main-Kinzig-Kreis und in den einzelnen Kommunen sowie die für politische Maßnahmen entscheidenden Werte des Landes Hessen – Hospitalisierungsinzidenz und Belegungszahl der Intensivstationen – finden sich auf der Internetseite des Main-Kinzig-Kreises. Der Link zum seit 2020 ständig aktualisierten Corona-Dashboard ist auf der Startseite zu finden. Die Gesamtzahl der Menschen, die sich seit Beginn der Pandemie mit dem Coronavirus infiziert haben, liegt bei 28.040 (Stand: Donnerstag). Als aktuell infektiös eingestuft werden 1.255Personen. Die Sieben-Tages-Inzidenz der Neuinfektionen liegt bei 164. Mittlerweile haben 26.126Menschen im Main-Kinzig-Kreis die akute Virusinfektion wieder überstanden. 659Personen sind im Zusammenhang mit Covid-19 gestorben.

„Dein Pflaster“ tourt durch den Kreis: Die kreiseigene Impfkampagne „Dein Pflaster“ macht in den nächsten Tagen Station in Flörsbachtal (9. November, 14 bis 18 Uhr, SKG-Halle in Flörsbach), Wächtersbach (11. November, 15 bis 19 Uhr, WCV-Casino, Schlierbacher Straße 43), Gelnhausen (17. November,  9 bis 16 Uhr, Sonderimpfaktion an der Dein-Pflaster-Impfstelle ohne Terminanmeldungen, Seestraße 13), Gründau (18. November, 15 bis 19 Uhr, Gemeinschaftshaus Lieblos), Wächtersbach (23. November, 15 bis 19 Uhr, Heinrich-Heldmann-Halle), Birstein (25. November, 15 bis 19 Uhr, Dorfgemeinschaftshaus Untersotzbach) und Erlensee (25. November, 13 bis 18 Uhr, Stadtbücherei) unterbreitet. Verimpft werden jeweils die Vakzine von Johnson&Johnson und Biontech. Das Angebot richtet sich an alle Impfberechtigten. Auch Auffrischungsimpfungen sind an den Aktionen vor Ort möglich, sofern die Voraussetzungen der Impflinge gemäß Stiko-Empfehlung dafür erfüllt sind. Alle Infos finden sich auf der Kampagnenseite „Dein Pflaster“ auf www.mkk.de.

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