Schnullerbaum zieht im Herbst in den Stadtgarten

Schnullerbaum zieht im Herbst in den Stadtgarten

Main-Kinzig (MKK/jkm). Anlässlich des Tages der Zahngesundheit hat die Verwaltung des Main-Kinzig-Kreises Ende September unter allen Kindern des Landkreises, die seit vergangenem Jahr ihren Nuckel für den Schnullerbaum eingeschickt haben, das Kinderspiel „Der Obstgarten“ verlost. Dr. Gunda Adolphi, Geschäftsführerin des Arbeitskreises Jugendzahnpflege und Leiterin des Sachgebiets Zahnärztlicher Dienst, zog als Gewinnerin Lina Hellmuth aus Bieber.

Die Aktion „Schnullerbaum“ wurde im Sommer 2020 gestartet. „Während der Corona-Zeit haben wir überlegt, wie wir die Kinder weiterhin erreichen können und haben diese Idee aufgegriffen. Dass sie ein solcher Erfolg wird, hätten wir nicht gedacht“, sagt Dr. Gunda Adolphi. Inzwischen hängen rund 50 Schnuller aus dem Main-Kinzig-Kreis und anderen Städten Deutschlands an einem Baum, der im Erdgeschoss des Main-Kinzig-Forums von allen Besuchern besichtigt werden kann.

Viel Post für die Schnullerfee – Kleine Verlosung unter allen einsendenden Kindern

Sinn der Aktion ist es, dass es den Kindern leichter fällt, ihren geliebten Schnuller abzugeben, wenn sie wissen, dass andere Gleichaltrige es auch geschafft haben und der Nuckel gut aufgehoben ist. Denn der Schnuller bekommt nicht nur einen Platz am Baum, „die Kinder erhalten nach der Abgabe auch einen Brief von der ‚Schnullerfee‘ sowie einen magischen Kraft-Wunsch-Stein“, erklärt Ilona Anton, die im Sachgebiet Zahnärztlicher Dienst arbeitet, den Vorschlag für einen Schnullerbaum eingebracht und das aufmunternde Gedicht der Schnullerfee für den Brief an die Kinder geschrieben hat. Der bunt bemalte Stein kann unters Kopfkissen gelegt werden und hilft bei Gefühlen von Einsamkeit ohne den Schnuller. Außerdem erhalten die Kinder ein Foto von ihrem Schnuller am Baum, dessen Zweige „golden“ glänzen und an dessen Ästen „Fläschchen mit Feenstaub“ hängen.

Hintergrund der Aktion ist, dass Kieferorthopäden die Entwöhnung eines Schnullers empfehlen, bis das Kind spätestens zwei Jahre alt ist. Idealerweise sollte man bereits ab der Zahnung beginnen, die Tragezeiten des Schnullers deutlich zu reduzieren. Zu dieser Zeit wird normalerweise auch der Saugreflex vom Kaureflex abgelöst.

Idealerweise sollte man bereits ab der Zahnung beginnen, die Tragezeiten des Schnullers deutlich zu reduzieren

Wenn die Zähne ständig auf den Widerstand des Schnullers stoßen, suchen sie sich schließlich ihren eigenen Weg, mit negativen Folgen für das Zahn- und Kieferwachstum“, sagt Dr. Wolfgang Lenz, Leiter des Amts für Gesundheit und Gefahrenabwehr im Main-Kinzig-Kreis. Backenzähne können zur Seite stehen, die Schneidezähne verlagern sich nach vorne und durch die Behinderung der Zunge können Schwierigkeiten bei der Aussprache von S und Z entstehen, also Lispeln. Durch den Zapfen im Mund verformt sich langfristig der Gaumen nach oben, was zu Kiefergelenkstörungen führen kann. „Wird der Schnuller zu lange getragen, ist es möglich, dass der Kiefer nicht mehr richtig schließt und durch die Mundatmung eine Infektanfälligkeit begünstigt wird. Das Lutschen am Daumen ist sogar noch schlechter, weil die Zähne hier auf noch mehr Widerstand stoßen“, warnt Maria Bilz vom Arbeitskreis Jugendzahnpflege.

Die möglichen Zahnfehlstellungen sind jedoch kein Grund, den Schnuller gänzlich schlechtzureden. „Der Saugeffekt ist den Babys angeboren, das Saugen wirkt durch die Freisetzung von Hormonen beruhigend. Es ist also nachvollziehbar, dass Eltern einen Schnuller gerne zur Beruhigung einsetzen. Wichtig ist, dass der Schnuller nicht als Allheilmittel bei Unruhe eingesetzt wird, dass er nicht zu groß für den Babymund ist und man die Entwöhnung einleitet, wenn die Zähne kommen“, empfiehlt die Gesundheitsdezernentin Susanne Simmler.

In Deutschland werden die Schnuller offensichtlich regelmäßig verwendet: Laut einer Erhebung des Statistischen Bundesamts aus dem Jahr 2017 verwenden nur vier Prozent einen Schnuller pro Baby, 41 Prozent setzen bis zu drei Schnuller ein, 29 Prozent vier bis fünf Schnuller und 26 Prozent mehr als fünf. Bei so einer großen Auswahl findet sich oft einer für den Schnullerbaum, sodass bei der zweiten Aktion des Main-Kinzig-Kreises wiederum rund 20 Exemplare einen neuen Platz bekommen werden. „Wir freuen uns über die zahlreichen Einsendungen und werden aus Platzgründen den Schnullerbaum im Herbst an einen größeren Baum im Stadtgarten Gelnhausen verlegen“, kündigt die Erste Kreisbeigeordnete Simmler an. Dorthin werden alle bisher eingeschickten Schnuller nach einer Desinfektion umziehen, sobald die Bäume ihre Blätter verloren haben. Der Arbeitskreis Jugendzahnpflege hatte die Kinderbetreuungseinrichtungen per Brief über die Aktion informiert und plant, dies auch künftig zu tun.

Die Päckchen für den Schnullerbaum werden oft von Briefen der Kinder und Eltern aus ganz Deutschland begleitet. So schreibt Leonie aus Krefeld: „Ich bin jetzt zu groß für einen Nucki.“ Auch Henri aus Dortmund gibt zu, dass er mit seinen viereinhalb Jahren zu alt für einen Schnuller und außerdem „ein großer Junge und Bruder geworden“ sei. Einige Eltern ermutigen ihre Kinder offensichtlich mit Geschenken zum Schnuller-Abschied; ein Mädchen aus Sinntal mutmaßt: „Ich freue mich schon auf dein Geschenk, vielleicht ein großes Schokoei“, und Elias aus Ladenburg bedankt sich gleich mal für den tollen Roller mit den Blinke-Rädern“.

Die Aktion Schnullerbaum ist nicht neu. Der früheste Baum ist bekannt aus Dänemark und wurde in den 1920er Jahren aufgestellt. Mittlerweile stehen mehr als zwei Dutzend Schnullerbäume in ganz Deutschland und erfreuen sich großer Beliebtheit. Die Stadt Münster hat 2005 an einem Spielplatz eine Roteiche zur „Erstbeschnullerung“ freigegeben, auch in Fulda und auf einem Klinikgelände in Frankfurt können Kinder ihre Schnuller an Bäume hängen.

Die Kinder können ihren Schnuller an folgende Adresse schicken: An die Schnullerfee, Arbeitskreis Jugendzahnpflege des Main-Kinzig-Kreises, Amt für Gesundheit und Gefahrenabwehr, Barbarossastraße 24, 63571 Gelnhausen. Mit der Einsendung nehmen die Kinder im nächsten Jahr automatisch an einer Verlosung teil. Der Arbeitskreis Jugendzahnpflege (AKJ) setzt sich zusammen aus Vertretern der gesetzlichen Krankenkassen, der zahnärztlichen Teams der Gesundheitsämter, den Zahnärzten/Zahnärztinnen in freier Praxis (= Patenschaftszahnärzte/-zahnärztinnen) und den Gruppenprophylaxe-Multiplikatoren. Sein Auftrag ist es, mit seinen Aktionen allen Kindern bis zwölf Jahre eine Chance auf gesunde Zähne zu geben.

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