Rückdrängungsmaßnahmen greifen auf Projektflächen

Rückdrängungsmaßnahmen greifen auf Projektflächen

Main-Kinzig (GN/sh). Seit 2015 leitet die Gesellschaft für Naturschutz und Auenentwicklung (GNA) in der unteren Kinzigaue ein Pilotprojekt zur Rückdrängung der giftigen Herbstzeitlosen und arbeitet dabei eng mit Landwirten, Behörden und anderen Kooperationspartnern zusammen. Ein Teil des Projektes ist es, die Bestände der Herbstzeitlose auf den landwirtschaftlich genutzten Grünlandflächen jeweils im Frühjahr und im Herbst zu kartieren, um Bestandsänderungen zu dokumentieren.

Aber: Herbstzeitlose breitet sich offensichtlich weiter aus

„Nach den ersten Wochen der diesjährigen Frühjahrs-Kartierung erschien es uns, als hätte sich die Herbstzeitlose auf bestimmten Flächen weiter ausgebreitet“, erklärt die wissenschaftliche Mitarbeiterin der GNA, Marissa Adler. Allerdings waren die vorgefundenen Pflanzen zu klein, als dass es sich um mehrjährige Herbstzeitlose mit tief sitzender Mutter- und Tochterknolle handeln konnte. Die Annahme, dass sich die Herbstzeitlose diesmal v.a. durch Sämlinge verbreitet hat, bestätigte sich, nachdem die Biowissenschaftlerin einige Pflanzen ausgrub und miteinander verglich. Die kleineren Herbstzeitlosen waren erst gekeimt und wiesen keine Knollen auf. Außerdem waren sie noch nicht tief im Boden verankert.

„Ein Grund für das verstärkte Auftreten könnten die in 2021 lang anhaltenden Frühjahrshochwässer sein“, vermutet Susanne Hufmann, Biologin und Vorsitzende der GNA. „Da die Samen ein klebriges Anhängsel besitzen, werden sie üblicherweise durch Ameisen, Weidevieh, aber auch durch nicht oder schlecht gesäubertes Arbeitsgerät verbreitet. Da wir zudem ein vermehrtes Auftreten an Gräben beobachtet haben, ist die Hochwasservermutung wahrscheinlich richtig.“

Bei Landwirten unbeliebt

Die Herbstzeitlose ist eine bei Landwirten sehr unbeliebte Pflanze. Sie ist durch das in allen Pflanzenteilen enthaltene Colchicin extrem giftig. Dieses bleibt auch nach der Trocknung oder Silage noch erhalten und macht die Mahd dadurch unbrauchbar als Futter für Pferde oder Rinder. Auf extensiv bewirtschafteten Flächen konnte sich das lilienartige Gewächs aufgrund des späten Mahdzeitpunktes allerdings hervorragend ausbreiten. „Oft werden durch das späte Mähen die Samen der Pflanze sogar verbreitet, was die Ausbreitung zusätzlich vorantreibt“, so Marissa Adler.

Extensive Bewirtschaftung wichtig

Aus naturschutzfachlicher Sicht ist eine extensive Wiesenbewirtschaftung aber essenziell. Man verfolgt hier gleich zwei Ziele: Zum einen soll durch den vollständigen Verzicht auf Düngung eine Aushagerung des Standortes erreicht werden, der – immer in Verbindung mit einer reduzierten Mahdhäufigkeit – langfristig zur Entwicklung standorttypischer Pflanzengesellschaften führt. Zum anderen bedeutet die Verringerung der Mahdhäufigkeit in Verbindung mit einer späten ersten Mahd für viele bedrohte Vogelarten wie den Kiebitz und die Bekassine die Möglichkeit zur ungestörten Brut und Jungenaufzucht.

Im Rahmen des Projektes kartiert die GNA jeweils im Frühjahr sowie im Herbst rund 600 ha landwirtschaftlich genutzter Flächen in der unteren Kinzigaue, um das Vorkommen der Herbstzeitlosen zu dokumentieren und die Ergebnisse mit den Vorjahren zu vergleichen. Aufgrund der kalten Witterung waren die breit-lanzettlichen Laubblätter der Herbstzeitlose in diesem Jahr erst nach Ostern zu sehen. Sie erscheinen im Frühjahr zusammen mit der noch unreifen Kapselfrucht und können bis 40 Zentimeter lang werden.

Rückdrängungsmaßnahmen greifen / Projekt von UN ausgezeichnet

Wenn die Frühjahrsaufnahme abgeschlossen ist, werden auf den Wiesen der am Projekt teilnehmenden Landwirte verschiedene Rückdrängungsmaßnahmen durchgeführt. Mit großem Erfolg: Dort scheinen sich die Bestände der giftigen Pflanze nicht weiter auszudehnen und gehen oftmals sogar zurück. Bei kleinen Beständen bietet sich vor allem das Ausreißen oder Ausstechen der Pflanzen per Hand an. Diese sehr mühsame Methode ist nach bisherigen Erkenntnissen die effektivste.

Ziel ist es, die Herbstzeitlose dadurch auf lange Sicht in der unteren Kinzgaue einzudämmen. Dies ist wichtig, um die Wiesen und damit die Grundlage der Landwirte sowie den Lebensraum vieler auentypischer Tier- und Pflanzenarten zu erhalten. Denn eine Aufgabe oder Intensivierung der Wiesennutzung führt unausweichlich zum Verlust der dort heute noch vorhandenen Artenvielfalt.

Das Projekt zur Rückdrängung der Herbstzeitlosen führt die GNA in Kooperation mit den Kommunen Rodenbach, Erlensee, Langenselbold, Gründau und Hasselroth, dem Amt für Umwelt, Naturschutz und ländlichen Raum, dem Kreisbauernverband und vielen landwirtschaftlichen Betrieben durch. Gefördert wird das Projekt über das Hessische Programm für Agrarumwelt- und Landschaftspflegemaßnahmen (HALM). 2018 erhielt die GNA für den Erhalt artenreicher Auenwiesen unter Berücksichtigung des Managements der Herbstzeitlosen eine Auszeichnung als UN-Dekade-Projekt Biologische Vielfalt.

Zur Unterstützung ihrer wichtigen Naturschutzarbeit bittet die Gesellschaft für Naturschutz und Auenentwicklung um Spenden auf das Konto IBAN: DE 75 5066 3699 0001 0708 00 bei der Raiffeisenbank Rodenbach (BIC: GENODEF1RDB). Als gemeinnützige Naturschutzorganisation ist die GNA berechtigt, Zuwendungsbestätigungen für das Finanzamt auszustellen.

Bild: Marissa Adler (GNA)

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